Handballl-Europameister Finn Lemke Handballl-Europameister Finn Lemke: Der Schlaks aus der "Heidehölle"

Halle/Magdeburg - In Schwanewede, einer Gemeinde nördlich von Bremen, saßen die etwa 500 Handballverrückten der Umgebung in der Turnhalle der Heideschule. Auf zwei großen Leinwänden sahen sie am Sonntag das EM-Finale der Handballer und jubelten mit den deutschen Gold-Helden. Vor allem mit einem: Finn Lemke. Denn hier stammt der zentrale Mann des phänomenalen Abwehrbollwerks, an dem zuletzt die Spanier zerschellten, her. Hier in der „Heidehölle“ hat Lemke das Handballspielen bei der TSG Schwanewede/Neuenkirchen erlernt. Und er kommt aus einer Handball-Familie. Auch Vater Jan-Peter und die beiden Brüder spielen - und sind auch über zwei Meter groß.
Einer wie Roggisch
Auch in Magdeburg wurde ausgiebig gejubelt. Schließlich spielt der 2,10-Meter-Schlaks mittlerweile in der Bundesliga für den SCM. Vor der Saison kam er vom TBV Lemgo. Doch einen Stammplatz hat er beileibe nicht. Und auch an seinen Offensivschwächen mäkeln sie dort nicht zu Unrecht. Hier in der Elbestadt erinnert sein Spiel vielmehr an das eines alten Bekannten. „Finn ist unser aggressiver Anführer, er haut immer mal ordentlich drauf, fast so wie früher Oliver Roggisch“, sagte es Hendrik Pekeler, Lemkes Kollege aus dem Innenblock, während der Turniertage in Polen. Mit dem heutigen Team-Manager Roggisch als Abwehrchef gewann Deutschland 2007 die Weltmeisterschaft im eigenen Land. Auch Roggisch spielte viele Jahre für den SCM.
Viele Gemeisamkeiten, wenige Unterschiede
Roggisch selbst hatte großes Lob über seinen Nachfolger parat: „Finn hat sich bei dieser EM so entwickelt, wie ich es selten von einem Nationalspieler gesehen habe. Er hat ein unglaubliches Feuer in den Augen“, meinte Roggisch, dem noch etwas anderes auffiel: „Der Finn haut sich unglaublich rein und reißt damit alle mit. So etwas habe ich in einer deutschen Nationalmannschaft schon lange nicht mehr erlebt.“ Er selbst war früher ähnlich. Eine weitere Parallele: Tore warf auch Roggisch kaum. Ein Unterschied: Während Roggisch Zeitstrafen in Serie sammelte, spielt Lemke zwar ähnlich robust, aber weitaus fairer.
Doch Handball ist längst nicht alles im Leben des 23-Jährigen. An der FH in Magdeburg studiert er „Soziale Arbeit“ - mitsamt Präsenzpflicht. „Es ist schwierig, aber es geht“, sagte Lemke über sein straffes Tagespensum. Sein Ziel: „Ich möchte mit behinderten Menschen arbeiten“, erklärte er. „Das ist eine ganz andere Ebene als Leistungssport, es ist nicht nur dieser Mikrokosmos“, sagte der Fan der Kicker von Werder Bremen. (mz)