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Handball-Oberliga Handball-Oberliga: Ein Held und ein Pechvogel

Von Harald Boltze 24.02.2016, 14:09
Schulter ausgekugelt: Ohne gegnerische Einwirkung verletzte sich HCB-Keeper Stephan Harseim am Sonnabend in der ersten Hälfte.
Schulter ausgekugelt: Ohne gegnerische Einwirkung verletzte sich HCB-Keeper Stephan Harseim am Sonnabend in der ersten Hälfte. Hellfritzsch

Naumburg - Am Sonnabend fühlten sich einige Naumburg-Stößener Handballfans sicher in die Vergangenheit zurückversetzt. Vor fünf, sieben oder auch zehn Jahren wurde    schließlich immer, wenn der HSV ein Tor brauchte, der Ball zu Tobias Seyfarth gegeben. Und dieser, den damals alle nur „Stupsi“ nannten, holte dann eine Wahnsinnsaktion raus, vorzugsweise  per Rückraumwurf ins rechte untere Eck oder aus schier unmöglichem Winkel  über außen.

In den vergangenen Jahren hat sich nun   einiges geändert  im hiesigen Handball.  Der HSV heißt  nun HC Burgenland, und das  Torewerfen übernahmen für den oft verletzten Tobias Seyfarth zumeist Jan Schindler und Kenny Dober.

Doch am Sonnabend brauchte der HCB in den letzten fünf Minuten der Partie wieder Tore. Es galt, einen knappen Vorsprung zu verteidigen, um den Tabellenzweiten ESV Lokomotive Pirna zu schlagen. Jan Schindler war mit nur einem Tor bis dato extrem blass geblieben. Kenny Dober hingegen hatte gut gespielt, war aber im Fokus der gegnerischen Deckung. Blieb also Seyfarth. Doch danach, dass er zum Matchwinner werden würde, sah es zunächst mitnichten aus. Denn, wie das so ist, mit den Wahnsinnsaktionen. Sie können auch nach hinten losgehen. Und als der wiedergenese Seyfarth  Mitte der ersten  Hälfte gleich bei seinen ersten zwei Alleingängen den Ball verdaddelte, setzte ihn Trainerin Ines Seidler erst einmal auf die Bank.  Dort schmorte  der Rückraumwerfer bis weit in die zweite Halbzeit. 

Dann aber durfte er beim 19:19 zurück auf die Platte - und verdaddelte  gleich wieder den Ball!  Doch, wie das so ist mit großen Sportlern: Sie stehen immer einmal mehr auf als sie hinfallen. Und „Stupsi“  gab nicht auf.   Beim Stand von 21:20 versenkte er drei  Würfe hintereinander, einen aus spitzestem Winkel ins kurze Eck. Doch Pirna blieb dran.  Jan Schindler vergab in der 57. Minute zweimal völlig frei stehend  die endgültige Entscheidung.  Pirna verkürzte. Es folgte eine Einzelaktion. Von wem? Seyfarth! Von wo? Aus unmöglichem Winkel! Doch Pirna verkürzte auf 26:25. Das so oft in Naumburg gesehene Unentschieden lag erneut in der Luft. Es brauchte ein Tor zur Beruhigung. Es folgte. Und wenn Sie lesen, dass es  fast von der Grundlinie ins kurze Torwarteck fiel, wissen sie auch, durch wen. Seyfarths  sechster Treffer sowie das abschließende 28:26 durch Ants Benecke besiegelten  den verdienten, nicht unbedingt erwarteten  28:26-Erfolg über den Meisterschaftsanwärter aus Sachsen.

HCB-Trainerin Ines Seidler freute sich natürlich mit ihrem „positiv Handball-Bekloppten“, wie sie Seyfarth auch nach dem Spiel wieder nannte. Zugleich  betonte sie aber, „dass die geschlossene Mannschaftsleistung und unsere neu formierte, aggressivere Deckungsformation der eigentliche Grundstein für den Sieg waren“. Lobende Worte fand sie auch für Kenny Dober („sehr gut die Mitspieler eingesetzt“) und sogar Jan Schindler, „der zwar weiterhin seine Form sucht, aber auch aufgrund seiner tollen Einsatzbereitschaft  in der Abwehr für uns ein richtiger Führungsspieler ist“.

War die letzte Viertelstunde reich an Spannung, so mussten sich aber auch die ersten 45 Minuten nicht verstecken. Ständig wogte das Spiel hin und her, auch wenn beide Mannschaften sehr fehlerhaft agierten und viele freie Würfe ausließen. Bis zum 7:7 konnte sich der HC Burgenland vor allem auf seinen exzellent haltenden  Torhüter Stephan Harseim verlassen, der sich dann jedoch ohne gegnerische Einwirkung verletzte, vom Feld musste und von Franz Flemming ersetzt wurde. Auf Naumburger Seite überzeugte in Hälfte eins vor allem Rückraumwerfer Max Weber mit starker Wurfquote, während der Pirnaer Rückraum-Kanonier Torsten Schneider zwar am Ende bester Werfer seines Teams war, aber auch unzählige „Fahrkarten“ fabrizierte. Die schwache Pirnaer Wurfausbeute führte  zu einem 14:11-Pausenvorsprung des HCB.

Der aber war schon beim 15:15 aufgebraucht (auch hier werden sich eingefleischte Naumburger Handballfans an die „berühmten“ schwachen zehn Minuten nach der Pause erinnern). Beide Teams kämpften nun um den Sieg, vergaben weiterhin Chance um Chance. Und am Ende machte Tobias Seyfarth den Unterschied.

Einen Wermutstropfen hatte der  Sieg über Pirna jedoch. Torhüter Harseim kugelte sich die Schulter aus und wird auf noch unbestimmte Zeit ausfallen. Das führte schon gestern dazu, dass man sich auf Seiten des HCB Gedanken machte. „Heute zum Sonntag ist es da zu früh, aber sicher ist, dass wir nicht nur  mit Franz Flemming im Tor agieren können“, meinte Übungsleiterin Ines Seidler.