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Isolation im Jerichower Land Handball-Bundestrainer in Corona-Krise: Alfred Gislason lebt mit Familie in Isolation im Jerichower Land

16.04.2020, 14:12

Möckern - Alfred Gislasons Grundstück im beschaulichen Dorf Wendgräben im Jerichower Land ist einen Hektar groß, doch in diesen Tagen fühlt er sich auch hier eingeengt. „Mein Sohn, meine Frau und ich leben zu Hause mehr oder weniger in Isolation“, berichtet der Isländer: „An Reisen ist überhaupt nicht zu denken, die Enkel sieht man gar nicht.“ Und seine Nationalspieler auch nicht.

Mit der DHB-Auswahl hätte Gislason an diesem Freitag in der Berliner Max-Schmeling-Halle eigentlich in die Olympia-Qualifikation starten sollen, doch Corona hat alle Pläne durchkreuzt. Er werde stattdessen „wieder ein Spiel eines Gegners analysieren, was eigentlich wenig Sinn macht“, erzählte der Erfolgstrainer im SID-Interview, „und ich werde mich um Dinge im Haus und im Garten kümmern.“

Handball-Bundestrainer Alfred Gislason lebt in Sachsen-Anhalt: Obstgarten macht ihn nicht glücklich

Wirklich glücklich machen ihn die Rosenzucht und der Obstgarten aber nicht, das lange Warten auf die Premiere in seinem „Traumjob“ als Handball-Bundestrainer nervt Gislason. „Das ist schon eine sehr eigenartige Situation“, sagt er. Ein halbes Jahr Pause nach seinem Abschied in Kiel sei lang genug gewesen, „und als ich gerade mit der Quali wieder loslegen wollte“, so Gislason, „kommt Corona dazwischen!“

Das Virus und die damit verbundenen Einschränkungen für den Handballsport haben auch sein Arbeiten massiv verändert. In den ersten Wochen habe er sich noch zahlreiche Videos der kommenden Gegner angeschaut, geschnitten und den Spielern zukommen gelassen, „aber das machte mit der Zeit immer weniger Sinn“.

Über die Ukraine, den Play-off-Gegner für die WM 2021 in Ägypten, weiß Gislason alles - nur es wird ihm vermutlich nichts nützen. Er hege „kaum Hoffnung“, dass die Spiele wie geplant Anfang Juni ausgetragen werden können. Zumal seine Spieler weit weg von einer Wettkampfform seien: „Es wird vor allem allein trainiert oder zu zweit - das ist vom Handball sehr weit weg.“

Corona-Krise: Alfred Gislason sorgt sich um Handball-Bundesliga

Mit Sorge blickt Gislasson, der als Trainer mit dem THW Kiel, SC Magdeburg und VfL Gummersbach große Erfolge gefeiert hat, auf die Entwicklungen in der Handball-Bundesliga, die vor einem Saisonabbruch mit ungeahnten Auswirkungen steht. „Das ist mein Leben, meine Leidenschaft, ich habe fast drei Jahrzehnte in der Bundesliga gearbeitet“, sagt er: „Wenn ein halbes Jahr nicht gespielt wird, kann das viele Klubs in große Schwierigkeiten bringen. Da macht man sich schon Sorgen um seine Sportart.“

Anders als der Profifußball lebe der Handball von regionalen Sponsoren und den Zuschauereinnahmen, und wenn beide Säulen wegen der Coronakrise wegbrechen, könnte es schlimm enden, so Gislason. Den Handball sieht er deshalb auf einem langen und schweren Weg zurück zur Normalität. Er rechne damit, „dass es mindestens ein paar Jahre dauern wird, bis man wieder den Standard erreicht“.

So lange will Gislason auf seine Premiere als Bundestrainer aber nicht warten. Das riesengroße Grundstück allein macht ihn nicht glücklich. (sid)