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HFC-Trainingslager in Pockau HFC-Trainingslager in Pockau: Tobias Müller ist der stille Beobachter

Von Enrico Werner 26.06.2015, 20:15
Tobias Müller beim Slalom-Test in Pockau
Tobias Müller beim Slalom-Test in Pockau Schulz Lizenz

Pockau - Als sich die HFC-Spieler während der Vormittagseinheit am Freitag in Pockau am Mittelkreis einfanden, um einer neuen Anweisung von Co-Trainer Benjamin Duray zu lauschen, fehlte einer: Tobias Müller entfernte sich noch einmal, ging zum Tor zurück. Etwa ein Dutzend Bälle lag quer verstreut im Strafraum herum. In aller Ruhe sammelte Müller einen Ball nach dem anderen auf und schoss sie zurück in Richtung seiner Mitspieler. Die Szene hatte etwas vom oft zitierten Ballträger. Von jener Aufgabe, die in Profiteams oft den jüngeren Spielern zufallen.

Tobias Müller ist Neuzugang beim HFC, er kam von Dynamo Dresden. Und wer ihn beobachtet, nicht nur in jener Szene als Ballholer, sieht, dass der 22-Jährige tatsächlich eher zu den introvertierten Spielern zählt. Erfahrene Kicker wie Ivica Banovic, Timo Furuholm oder Lukas Königshofer schreien schon mal quer über den Platz ihre Anweisungen. Müller aber spult ohne großes Mienenspiel sein Trainingspensum herunter. Während seine neuen Mitspieler nach dem Training auch mal meckernd in die Kabine marschieren oder mit starrem Blick, eine Wasserflasche in der Hand, auf eine der Bänke am Platz rutschen, ist Müller der Typ, der sich den schwarzen Beutel schnappt und die restlichen Bälle aufsammelt.

Das ist auch Cheftrainer Sven Köhler nicht entgangen. „Tobias Müller ist ein Beobachter“, sagt er. „Er wirkt zurückhaltend, auch in seiner Spielweise.“ Dass das für den Offensiv-Mann zum Problem wird, glaubt Köhler aber nicht. „Es gibt eben Spieler mit einem großen Mund und dann solche wie Tobias Müller.“ Und solche Spieler schätzt Köhler bekanntlich. Der Coach selbst verweist gern auf Tim Kruse, seinen Kapitän. Auch der fällt selten als Lautsprecher auf. Seine Stellung im Team ist trotzdem unumstritten.

„Ich bin eher der ruhige Typ“, sagt Müller selbst. Seine Qualitäten hat er trotzdem. „Er ist beidfüßig gut ausgebildet und hat einen präzisen Torabschluss“, meint Köhler. „Er ist fleißig, charakterlich in Ordnung. Wir sehen das Potenzial bei ihm.“ Beim HFC soll Müller hinter den Sturmspitzen Timo Furuholm und Osayamen Osawe als hängende Spitze agieren. „Da ist er gefährlicher“, meint Köhler.

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Der 1,80-Meter-Mann hat trotz seiner jungen Jahre schon einige Höhen und Tiefen durchgemacht, die ihn geprägt haben. In der Saison 2012/2013 wurde Müller vom damaligen Trainer Peter Pacult in Dresden in der Rückrunde der zweiten Liga ins kalte Wasser geschmissen und funktionierte sofort. Mit vier Toren und drei Torvorlagen hatte der Jungspund einen großen Anteil am Klassenerhalt von Dynamo. „Das hatte uns nicht jeder zugetraut“, sagt Müller.

Doch mit dem Trainerwechsel zu Olaf Janßen wurde Müller zum Einwechselspieler. In der Spielzeit 2013/2014 machte er kein Spiel über 90 Minuten. Nur ein Tor stand zu Buche.

Auch unter Stefan Böger wurde es nach dem Abstieg in die dritte Liga nicht besser. „Es ist nicht einfach, wenn halbjährlich die Trainer gehen“, erzählt er. Ein Syndesmosebandriss hatte ihn dann in der letzten Saison auch noch drei Monate rausgeworfen, danach fand er nie wieder richtig zurück. „Das war wie ein roter Faden.“

Der sensible Spieler konnte in dieser Zeit auf die Unterstützung von Christian Fiel und Benjamin Kirsten setzen, die „immer ein offenes Ohr hatten“. Dynamo-Coach Böger hatte in dieser für ihn schwierigen Zeit öffentlich verkündet, dass Müller im Training etwas mehr Präsenz zeigen müsste. „Er hat sicher etwas anderes von mir erwartet, aber ich werde mich nicht verändern“, sagt Müller.

Eine Luftveränderung war unumgänglich. Mitte März kam der Kontakt zum HFC zustande. Ende März wurde der Wechsel bekanntgegeben. Danach hatte er an der Elbe keine Chance mehr. „Ich habe schlagartig keine Rolle mehr gespielt“, meint er. „Ich bin ein bisschen enttäuscht gewesen von Dynamo. Ich hätte mir gewünscht, dass mir das klipp und klar gesagt wird.“ Ein Gespräch hat es nie gegeben. Auch mit Peter Németh nicht, der auf Böger folgte.

Am Ende war Tobias Müller froh, aus dem wilden Dresden wegzukommen. „Die Erwartungshaltung ist dort eine ganz andere“, sagt er. „Ich habe mir einen Verein gesucht, wo es ein ruhiges Umfeld gibt und eine gewisse Stabilität und Konstanz herrscht. Für junge Spieler ist wichtig, Vertrauen zu spüren.“

Bei Trainer Sven Köhler, der in sein neuntes Jahr als Chefcoach an der Saale geht, hat er dieses Vertrauen und beim HFC das ruhige Umfeld. Köhlers Ansage ist trotzdem unmissverständlich. „Er muss zeigen, dass das bei Dynamo damals kein Zufall war.“ (mz)