Hallescher FC Hallescher FC: Die neue Freiheit des Florian Brügmann

Halle (Saale) - Die ewige Sucherei hatte Florian Brügmann schon ein bisschen genervt. Eine Viertelstunde lang war er nach dem gestrigen Training des Halleschen FC durch das Dickicht gekrochen, um seinen Ball zu finden, der hinter dem Zaun verschwunden war. Das Trainerteam des HFC hat nämlich eine verloren geglaubte Regel wieder eingeführt: Jeder Spieler ist für sein Arbeitsgerät verantwortlich. „Da kann irgendjemand deinen Ball über den Zaun schießen - und du musst ihn trotzdem holen“, schimpfte Brügmann nicht ganz ernst gemeint. Wer es diesmal war? Er grinste: „Ich selbst.“
Lust auf mehr Risiko
Obwohl es just in diesem Moment auch noch anfing zu regnen, war Florian Brügmann dann doch schon wieder gut drauf. Und er hatte auch allen Grund dazu: Das Debüt auf seiner neuen Position verlief am vergangenen Sonnabend sehr vielversprechend. Der 24-Jährige wirbelte im linken Mittelfeld, den Treffer zum 2:0 von Timo Furuholm bereitete er einwandfrei vor. „Das war eine Traumvorlage“, lobte der finnische Stürmer seinen Vorlagengeber nach dem souveränen 3:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart II.
Brügmann selbst wollte seinen Positionswechsel kurz nach dem Spiel nicht allzu hoch hängen. „Ich habe halt 20 Meter weiter vorne gespielt, im Grunde musste ich ja nicht viel anders machen als vorher.“ Gestern sprach er gegenüber der MZ erstmals ausführlich über seine neue Rolle, die ihm Trainer Stefan Böger zugeteilt hat - und die gefällt ihm. Sehr sogar. „Ich hatte mehr Freiheit“, sagte der neue Mittelfeldmann und begründete: „Hinten hast du immer den Druck, dass du bloß keinen Fehler machen darfst. Weiter vorne kannst du auch mal mehr Risiko gehen.“
„Die Schnauze voll“
Denn hinter ihm stand mit Jonas Acquistapace ein zuverlässiger Linksverteidiger bereit. Einer, der sich nicht so oft ins Offensivspiel einschaltete, wie Brügmann es auf dieser Position in den vergangenen zwei Spielzeiten beim HFC immer gehandhabt hatte. „Im modernen Fußball sind die Außenverteidiger diejenigen, die das Spiel nach vorne mitgestalten“, weiß Florian Brügmann, „von daher habe ich meinen Offensivdrang nie verloren. Und ich finde, das macht den Fußball ja auch aus: Natürlich musst du die Null halten, aber Spaß macht es doch immer dann, wenn du den Ball hast.“
In den ersten Saisonwochen hat ihm Fußball nicht mehr viel Spaß gemacht. Drei Punkte holte Halle aus den ersten sechs Spielen, kassierte zwölf Gegentore. Auch Brügmann, nach vorne immer gefährlich, sah in manchen Szenen defensiv unglücklich aus. Sein ganzer Frust entlud sich schließlich nach seiner Auswechslung vor zwei Wochen beim 1:3 gegen Preußen Münster: Der 1,74 Meter große Brügmann schrie ein Fernsehkamera-Team beiseite und trat gegen eine Tonne.
„Mal nicht übertreiben, das war ein Drei-Euro-Mülleimer aus dem Supermarkt“, scherzte er gestern. Aber im Ernst: „In dieser Situation war es nur nachvollziehbar, dass man mal die Schnauze voll hat. Gegen Münster waren wir klar besser, sie haben dann zwei Tore aus dem Nichts geschossen. Irgendwann brechen auch bei mir alle Dämme, wenn man sich die ganze Zeit den Hintern aufreißt und nichts dabei rum kommt.“
Gegen Stuttgart II kämpfte Brügmann wieder vorbildlich, biss sich durch die Zweikämpfe - und es lohnte es sich. Deshalb soll er auch heute Abend im Auswärtsspiel bei der SG Sonnenhof Großaspach wieder im linken Mittelfeld zum Einsatz kommen. Dort, wo er beim HFC vor dem vergangenen Sonnabend noch nie gespielt hatte. Möglich nur, weil der etablierte Linksaußen Sören Bertram ins Zentrum rückte. „Das war ein schlauer Einfall“, sagte Brügmann gestern lächelnd und setzte sich wenige Minuten später in den Bus - Abfahrt ins Schwabenland, wo der HFC übernachtete.
Lernen oder schlafen?
Auf der Fahrt war Lernen angesagt. Nächste Woche schreibt der 24-Jährige, der neben seiner Fußball-Karriere auch noch studiert, eine Klausur. Das Thema: internationale Ökonomie - es geht um Aktien, Devisen und Geldwechsel. „Da werde ich wahrscheinlich eher einschlafen als lernen, weil das so langweilig ist.“
Eine MRT-Untersuchung brachte gestern Vormittag endgültige Gewissheit: Max Jansen wird dem Halleschen FC vier bis sechs Wochen fehlen. Der 22 Jahre alte Mittelfeldspieler zog sich beim 3:0 gegen den VfB Stuttgart II nach 22 Minuten einen Bandabriss im linken Knöchel zu.
Und noch eine schlechte Nachricht musste der HFC gestern verkraften: Das DFB-Sportgericht hat gegen Torwarttrainer Jens Adler eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro verhängt. Der 50-Jährige hatte sich während des Spiels gegen Preußen Münster unsportlich gegenüber dem Schiedsrichter-Gespann um Florian Heft verhalten und war aus dem Innenraum verwiesen worden. Das Urteil ist rechtskräftig.
Zudem gab die dritteLiga gestern eine Terminänderung bekannt: Die Partie zwischen dem Halleschen FC und Rot-Weiß Erfurt am kommenden Dienstag wird vorverlegt. Anpfiff im Erdgas Sportpark ist nun bereits um 19 Uhr und nicht wie ursprünglich geplant um 20.30 Uhr.
Der Hallesche FC befindet sich inmitten zwei englischer Wochen. Nach dem Auswärtsspiel bei der SG Sonnenhof Großaspach reist die Mannschaft von Trainer Stefan Böger zu den Würzburger Kickers, trainiert vom ehemaligen Bundesligaprofi Bernd Hollerbach. Am kommenden Dienstag gastiert Rot-Weiß Erfurt im Erdgas Sportpark, ehe es am Freitag darauf zum Auswärtsspiel zur Reserve von Mainz 05 geht.
Bei der Abfahrt regnete es noch immer am Erdgas Sportpark. Doch was war nun eigentlich mit seinem Ball? „Den habe ich nicht gefunden“, verriet Brügmann. Für seine neue Rolle beim HFC gilt zum Glück genau das Gegenteil. (mz)