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Trotz DFB-Pokalsieg Trotz DFB-Pokalsieg: Borussia Dortmund trennt sich von Thomas Tuchel

30.05.2017, 10:47
Hans-Joachim Watzke und Thomas Tuchel im Gespräch.
Hans-Joachim Watzke und Thomas Tuchel im Gespräch. dpa

Dortmund - Borussia Dortmund hat das leidige Intrigenspiel um Thomas Tuchel nach monatelangen Querelen beendet. Der Trainer selbst bestätigte am Dienstag über einen kurz zuvor angelegten Twitter-Account einen Bericht der Bild-Zeitung über die Trennung.

Drei Tage nach dem DFB-Pokal-Triumph von Berlin einigte sich der BVB mit seinem sportlich erfolgreichen, aber im Umgang schwierigen Trainer am Dienstag nach kurzer Saison-Analyse auf eine vorzeitige Auflösung des bis 2018 laufenden Vertrages. Dies lässt sich der BVB geschätzte 2,5 Millionen Euro Abfindung kosten. Angeblich steht Lucien Favre von OGC Nizza als Nachfolger bereit.

Der Verein bestätigte die Trennung zunächst nicht. Tuchel sagte: „An der Kürze der Saison-Analyse kann man sich denken, wie es ausgegangen ist.“ Der mächtige BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte mit seinem brisanten Interview („Klarer Dissens“) vor dem enorm wichtigen Spiel gegen 1899 Hoffenheim am 6. Mai den letzten Anstoß gegeben. 

Beide Seiten hatten in den vergangenen Wochen auf jede erdenkliche Weise versucht, ihre Deutung des tiefen internen Zerwürfnisses zu platzieren - und sie damit öffentlich als Wahrheit zu verankern. Über Berater, lancierte Interviews oder bewusst gestreute Hintergründe. Tuchel selbst meldete sich am Dienstag kurz vor der Bild-Eilmeldung bei Twitter an.

Vieles bleibt unklar

Vieles bleibt allerdings auch jetzt unklar. War der Trainer intern derart unerträglich? Lügt er gar, wie Watzke andeutete? Oder liegt die Wahrheit ganz woanders? Konnte Watzke es schlicht nicht ertragen, wie glänzend Tuchel menschlich nach dem Bomben-Attentat vom 11. April dastand? War das Verhältnis zur Mannschaft irreparabel beschädigt? Die Reaktionen auf die Ausbootung von Nuri Sahin für das Pokalfinale am Samstag wies klar darauf hin.

Es ist jedenfalls die Scheidung einer Ehe, die das Potenzial zur Traumbeziehung gehabt hätte. Tuchel verlässt den BVB als Pokalsieger, er führte die Mannschaft direkt in die Champions League, sein Punkteschnitt (2,12 inklusive DFB-Pokal/Europapokal) ist der beste der Vereinsgeschichte. Er hat in zwei Jahren kein Liga-Heimspiel verloren. Sportliche Gründe für eine Trennung existieren nicht.

Doch: Es geht eben auch um das Menschliche. Der 43-Jährige hat sich - wie schon 2014 beim FSV Mainz 05 - zum zweiten Mal innerhalb des Vereins derart isoliert, dass die Trennung als einziger Ausweg blieb. Eine Fortsetzung wäre wohl ein Tanz am Rande des Vulkans gewesen.

Die Erklärung, Tuchel sei kein „Typ Jürgen Klopp“, greift zu kurz. Das hätte jeder beim BVB wissen müssen. Der einst von Tuchel in Mainz aus der Profimannschaft verbannte Torhüter Heinz Müller sprach von „Mobbing hoch zehn“ und schimpfte Tuchel einen „Diktator“.

Bayer will Tuchel – kommt Favre zum BVB?

Das ist sicherlich übertrieben. Eher ist Tuchel ein versessener Detailfresser mit unverrückbaren Vorstellungen, der wohl wahrlich ein Quälgeist sein kann. Dem BVB wunde das zu viel. Präsident Reinhard Rauball und Sportdirektor Michael Zorc stellten sich demonstrativ an Watzkes Seite. 

Tuchel dürfte dennoch keine Probleme haben, einen neuen Verein zu finden. Im Frühjahr war halb Europa verliebt in den jungen, stürmischen, phasenweise berauschenden BVB-Stil. Dies ist in England aufmerksam registriert worden. Aus der Bundesliga soll Bayer Leverkusen lebhaft Interesse zeigen.

Für den BVB stellt sich die Frage, ob Favre (59) der richtige Nachfolger ist. Der Schweizer war bisher überall erfolgreich, das spricht eindeutig für ihn. Er gilt aber auch als eigenbrötlerisch. (sid)