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RB-Vorstandschef im Interview RB Leipzig Oliver Mintzlaff: "Wir verschleiern doch gar nichts"

24.05.2019, 11:45
RB-Vorstandschef Oliver Mintzlaff.
RB-Vorstandschef Oliver Mintzlaff. www.imago-images.de

Leipzig - Oliver Mintzlaff ist als Vorstandsvorsitzender der mächtigste Mann beim aufstrebenden Fußball-Bundesligisten RB Leipzig. Frank Hellmann sprach mit dem 43-Jährigen über die Bedeutung des Pokalfinales gegen den FC Bayern, über Gehälter jenseits der Vorstellungskraft und zur offenen Zukunft von Ralf Rangnick, der künftig nicht mehr Trainer sondern „nur noch“ Sportdirektor ist.

Herr Mintzlaff, ein ambitionierter Radfahrer würde an einem Tag die Strecke von Leipzig nach Berlin schaffen. Seit Energie Cottbus 1997 hat kein Pokalfinalist eine solch räumliche Nähe nach Berlin gehabt. Haben Sie ein Heimspiel?

Oliver Mintzlaff: Mit der gefühlten Nähe gibt es schon einen Bezug. Wir wissen, dass einige unserer Fans auch aus Berlin oder dem Umland kommen. Ich würde trotzdem nicht vom Heimspiel sprechen, weil ein Pokalfinale per se für beide Teams kein richtiges Auswärtsspiel darstellt.

Der Verein RasenBallsport ist gerade zehn Jahre alt. Vermutlich hätte es kein besseres Spiel zum Jubiläum gegeben?

Für uns ist das einfach fantastisch. Wenn Uli Hoeneß am vergangenen Wochenende sagt, kein Regisseur hätte den Abschied mit den Toren von Franck Ribéry und Arjen Robben besser inszenieren können, dann ist diese Konstellation für uns ebenfalls perfekt.

Alle Infos rund um das DFB-Pokal-Finale gibt es bei RBlive

Wie wichtig ist es, mit dem Pokalfinale den Sympathiefaktor für das Konstrukt RB Leipzig zu erhöhen – auch weil den FC Bayern viele nicht mögen?

Ich sehe vor allem die große Plattform, unseren Weg aufzeigen zu können: Dass wir nicht die Klischees bedient haben, die uns nach dem Bundesligaaufstieg nachgesagt wurden. Jetzt stehen noch sieben, acht Spieler in der Startelf, die schon in der zweiten Liga für uns gespielt haben. Das zeigt unsere nachhaltige Philosophie, unsere Glaubwürdigkeit und damit unser positives Image. Wir haben als Klub meiner Meinung nach die klarste DNA.

Stört es gar nicht, dass RB Leipzig teilweise noch nicht akzeptiert wird wie Bayer Leverkusen oder VfL Wolfsburg?

Bayer Leverkusen wurde 1904 gegründet, den VfL Wolfsburg gibt es in dieser Konstruktion seit mehr als 20 Jahren. Uns gibt es erst zehn Jahre, aber in dieser Zeit haben wir schon sehr viel erreicht und erlebt. Zum letzten Auswärtsspiel nach Bremen sind uns 3500 Fans gefolgt. Mir hat Werders Vorstandschef Klaus Filbry gesagt, dass es nicht viele Vereine gebe, die einen so großen Anhang mitbringen. Wir müssen aber auch festhalten, dass wir die Uhr nicht vordrehen können. Wir müssen uns Tag für Tag weiterentwickeln und dabei konsequent unseren Weg fortsetzen.

Im Geschäftsbericht 2017 sind für RB Leipzig gegenüber dem Mutter-Konzern 134,2 Millionen Euro Verbindlichkeiten ausgewiesen. Würden die Vorbehalte nicht weniger, wenn Sie die Zuwendungen transparenter machen?

Zum einen sind wir einer der transparentesten Fußballvereine, weil wir seit gut vier Jahren versuchen, bei allen, auch kritischen Fragen Rede und Antwort zu stehen. Zum anderen legen wir unseren Jahresabschluss gemäß den gesetzlichen Bestimmung natürlich offen. Wir müssen aber nicht jeden einzelnen Posten kommunizieren. Dass wir als Startup-Unternehmen einen Kredit aufnehmen mussten, um in Steine und Beine zu investieren, ist richtig. Aber würden wir – rein theoretisch – alles verkaufen, was hier geschaffen wurde, hätte der Verein ein ganz dickes Plus gemacht. Da würde ein hoher zweistelliger, vielleicht sogar dreistelliger Millionenbetrag überbleiben.

Wird ihr Verein also nicht gerecht bewertet?

Ich bitte lediglich um eine differenzierte Betrachtung. Wir verschleiern doch gar nichts. Wir würden gar keine Lizenz bekommen, wenn wir unsere Verbindlichkeiten nicht tilgen würden. Das machen andere Vereine auch, die es von anderen Geldgebern bekommen. Borussia Dortmund ist eine Aktiengesellschaft, Hertha BSC hat einen Investor ins Boot geholt, Schalke 04 hat Clemens Tönnies – von wem auch immer also das Geld kommt.

Sie könnten noch sagen, dass ihr Pokalgegner FC Bayern seine Anteile an Allianz, Adidas und Audi veräußert hat.

Darauf will ich gar nicht schauen. Was den FC Bayern angeht: Natürlich ist das ein gut geführter Verein, den wir gerne im Blick haben. Da macht es schon Sinn, auch mal etwas mit Copy und Paste zu übernehmen.

Ist der Fall Timo Werner, der wohl seinen Vertrag nicht verlängert und nach München wechseln könnte, ein Beleg, dass es für RB ein Limit gibt?

Was Gehälter und Ablösen angeht, werden wir auch nicht in fünf Jahren gleichziehen. Auch wenn wir schneller aufholen sollten, werden wir einen Unterschied von ungefähr 200 zu 600 Millionen Euro Umsatz nicht in wenigen Jahren schließen. Ich finde das Beispiel Naby Keita übrigens viel passender: Der bekommt beim FC Liverpool ein Gehalt, das jenseits unseres Vorstellungsvermögens liegt.

Ihr Verein würde mit dem Pokalsieg eine kontinuierliche Entwicklung krönen. Gleichzeitig würde auch Ralf Rangnick seine Arbeit veredeln...

Klar, Ralf ist voll auf dieses Finale fokussiert, er steht zum dritten Male in Berlin, kann zum zweiten Male gewinnen. Wir sind aber kein Ich-bezogener Verein: Ein Sieg wäre für den gesamten Klub, das Umfeld, die Fans, die Region etwas ganz Besonderes: Seit 1941 war der Pokal nicht mehr im Osten (Dresdner SC, Anm. d. Red.).

Warum ist immer noch unklar, was aus Ralf Rangnick nach dem Pokalendspiel wird?

Es gibt gar keinen Dissens zwischen Ralf und mir. Jetzt, vor dem Amtsantritt von Julian Nagelsmann als Trainer, ist der Punkt gekommen, wo wir uns überlegen, wie wir die Zukunft gestalten. Wir haben diese Gespräche auf die Woche nach dem Finale verschoben, weil dann insbesondere Ralf den Kopf frei hat, um zu definieren, was möglicherweise weitere Aufgabenfelder sind, wo er sich einbringen könnte. Da geht es in erster Linie darum, wie wir den Klub weiter voranbringen können. Das wollen wir dann zeitnah umsetzen und auch bekannt geben.

Ist es denn denkbar, dass Rangnick ein Engagement in der Premier League beginnt?

Das kann man natürlich nicht ausschließen. Und Ralf hat ja auch in der Vergangenheit immer betont, dass er sich noch zu jung und fit fühlt, um grundsätzlich auszuschließen, irgendwann vielleicht noch mal woanders Trainer zu werden. Ich gehe aber davon aus, dass er die nächsten Jahre bei uns ist, weil wir hier noch viel vorhaben.

(mz)