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Fußball-Geschichte DDR-Mannschaft einziger Olympiasieger in deutscher Geschichte

Von Karl Ebert 19.08.2016, 08:00
Bernd Bransch bekommt von IOC-Präsident Lord Michael Killanin 1974 seine Goldmedaille.
Bernd Bransch bekommt von IOC-Präsident Lord Michael Killanin 1974 seine Goldmedaille. Imago/Werner Schulze

Halle (Saale) - Bis kurz vor Mitternacht hat Bernd Bransch am Mittwochabend vor dem Fernsehgerät ausgehalten. Keine Minute des 2:0-Sieges der deutschen Olympia-Auswahl bei den Spielen in Rio gegen Nigeria hat der 71-Jährige verpasst.

Und genau so wird es auch am Sonnabend sein, wenn die Mannschaft von Trainer Horst Hrubesch im legendären Maracana von Rio de Janeiro das Endspiel gegen die Gastgeber bestreiten wird.

DDR-Mannschaft wird 1976 Olympiasieger

Schließlich kam es in der Geschichte von Olympia nicht so oft vor, dass eine deutsche Mannschaft das Endspiel bestritten hat. Es ist erst das dritte Mal nach dem Olympiasieg der DDR 1976 in Montreal gegen Polen (3:1) und der Silbermedaille 1980 in Moskau (0:1 gegen die Tschechoslowakei).

Und obwohl Bransch 1976 Mitglied jener Mannschaft war, die in Montreal die Goldmedaille holte, ordnet er Olympische Spiele doch hinter Fußball-Weltmeisterschaften ein. „Für einen Fußballer hat eine Weltmeisterschaft einen deutlich höheren Stellenwert als die Olympischen Spiele“, sagt Bransch.

„Bei einer Weltmeisterschaft spielen alle Stars, bei Olympia aufgrund verschiedener Vorgaben nicht. Das soll die olympische Goldmedaille von 1976 aber beileibe nicht schmälern.“ Schließlich musste sich der langjährige Auswahlkapitän und 72-fache Nationalspieler auf das Turnier in Kanada genauso akribisch vorbereiten wie auf die Weltmeisterschaft zwei Jahre zuvor in der Bundesrepublik Deutschland.

WM-Teilnahme der DDR steht vor den Olympischen Spielen

Doch auch in seinen Erinnerungen steht die einzige WM-Teilnahme der DDR vor den Olympischen Spielen. Und das nicht nur wegen seiner beiden Tore beim 2:0-Sieg in der Qualifikation gegen Rumänien, die das Ticket zur Endrunde erst gebracht hatten. „Mit dem Sieg in der Vorrunde gegen Beckenbauer und Kollegen haben wir Geschichte geschrieben“, sagt Bransch.

„Und wir waren auch nicht weit weg von einer WM-Medaille. Gegen die Holländer hatten wir keine Chance. Aber wenn wir im Spiel gegen Brasilien nicht so ein dummes Freistoßtor von Roberto Rivelino kassiert hätten, wären wir möglicherweise Zweiter der Zwischenrunde geworden und hätten um Bronze gespielt.“

Bernd Bransch gewinnt erste Olympia-Medaille 1972 in München

Doch zurück zu Olympia. Nach Bronze 1972 in München - der ersten Olympiamedaille für Bransch - wollten die DDR-Fußballer vier Jahre später natürlich mehr. Hätten die damaligen Vorrundengegner Brasilien und Spanien auch mit ihren A-Teams antreten dürfen, wäre es für Bransch und sein Team nach diesen beiden Spielen wohl schon wieder nach Hause gegangen.

Aber weil das Internationale Olympische Komitee seinerzeit Profis den Zugang zu Olympia verweigerte und die Sportler aus dem damaligen Ostblock als Amateure angesehen wurden, duften die mit ihrer A-Mannschaft antreten.

HFC-Spieler Bernd Bransch erst fünf Minuten vor Ende auf dem Platz

Trotzdem verbindet sich mit dem aktuellen deutschen Finalgegner Brasilien in Rio Bransch auch eine Episode aus dem Jahr 1976. „Als wir im ersten Vorrundenspiel gegen Brasilien nur 0:0 gespielt haben, hat uns der damalige Sportchef Manfred Ewald zum Rapport bestellt. Ein Unentschieden gegen die Olympia-Auswahl der Südamerikaner wollte er nicht akzeptieren. Deshalb hat er uns mit sofortiger Abreise gedroht“, erzählt Bransch. Es sei schließlich schon teuer genug, dass eine Gruppe von 17 Spielern am Ende nur eine Medaille von Olympischen Spielen mitbringen würde, habe Ewald, der als Gegner von Teamsportarten bei Olympia galt, gewettert.

Danach gewann die DDR-Auswahl alle Spiele und holte Gold. In den letzten fünf Minuten des Endspiels gegen Polen schickte Trainer Georg Buschner dann auch den bis dahin nicht zum Einsatz gekommenen HFC-Spieler Bransch auf den Platz. „Zum Glück“, wie dieser heute erzählt. „Denn nach dem olympischen Reglement, hätte ein Spieler, der während des Turniers keine Minute auf dem Platz gestanden hat, auch keine Medaille bekommen.“

Und weil olympisches Gold im Leben des Fußballers Bransch nach zwei Teilnahmen doch einen gewissen Stellenwert hatte, nahm er den Erfolg von Montreal zum Anlass, seine Auswahl-Karriere im Alter 32 Jahren zu beenden. (mz)