Biathlon-Trainer Kröll: Der Meistermacher im Hintergrund

Östersund - Ohne ihn wären Laura Dahlmeier und Magdalena Neuner vielleicht nie die Biathlon-Stars geworden, die sie heute sind. Aber den Namen oder das Gesicht von Bernhard Kröll kennen nur die wenigsten der Millionen deutschen Fans.
Schattenmann Kröll - der Meistermacher im Hintergrund. „Das stört mich nicht. Für mich ist es am schönsten, dass die Sportler wissen, wer großen Anteil an ihrem Erfolg hat”, sagt der 42 Jahre alte Coach im Interview der Deutschen Presse-Agentur bescheiden. Das sei für ihn Auszeichnung genug.
Und Dahlmeier und Neuner, die zusammen 19 WM-Titel und viermal Olympia-Gold holten, wissen um die Wichtigkeit Krölls. „Er hat in meiner Karriere eine der größten Rollen gespielt. Er wusste, anders als andere Trainer, was ich als Sportlerin brauchte”, sagte Neuner, die mit Kröll sieben Jahren nach ihrem Karriereende befreundet ist. „Ich bin froh, dass ich immer bei ihm geblieben bin.” Dahlmeier hat ihren Heim-Coach ebenfalls nie Richtung Bundesstützpunkt Ruhpolding verlassen. Für Kröll eine große Wertschätzung, die ihn stolz macht.
Dabei waren und sind die Trainingsbedingungen für Dahlmeier & Co. alles andere als weltmeisterlich. Es gab lange weder Toiletten noch Umkleidekabinen am Schießstand auf dem Truppenübungsplatz in Mittenwald. Kröll hatte immer zwei Autobatterien im Transporter, an die er die Stromkabel für die Schießanlage anschloss. Ohne hätte er die Scheiben mit Seilen betätigen müssen. Auf der Skiroller-Strecke ist Achtsamkeit gefragt, denn immer mal wieder rauschen Armee- oder Forstfahrzeuge und Pkw vorbei. Aber nur dort können die 14 Athleten des Zoll-Ski-Teams, neben ihnen coacht Kröll in seiner Freizeit noch 24 Nachwuchsleute, laufen und schießen. Das geht am Schießstand an der Bundesstraße in Kaltenbrunn, wo auch trainiert wird, nicht.
„Vielleicht gibt der Zusammenhalt den Sportlern Geborgenheit und löst ein Wohlbefinden aus, mit dem sie den Nachteil bei den Trainingsstätten ausgleichen”, sagt Kröll, der neben dem Fachwissen vor allem mit seinem Einfühlungsvermögen und der richtigen Ansprache an die Sportler punktet. Für den zweifachen Familienvater, der als Biathlet selbst nie Spitze war, ist sein Job ein Traumberuf.
Erst machte er Neuner zur Rekord-Weltmeisterin, nun ist Dahlmeier das Aushängeschild im deutschen Team. Nachdem die freiheitsliebende Partenkirchnerin ein Jahr viel selbstständig machte, ist sie wieder viel vor Ort, holte sich bei Kröll und Co-Trainer Toni Buchwieser den letzten Feinschliff für die WM. Alles in Abstimmung mit dem neuen Disziplintrainer Florian Steirer. „Die Zusammenarbeit klappt super.”
Ausnahmekönnerin Dahlmeier traut er bei der am Donnerstag im schwedischen Östersund beginnenden WM trotz gesundheitlicher Probleme in den vergangenen Monaten viel zu. „Laura wird wieder eine Medaillen-Kandidatin sein.” Schon früh erkannte er ihr Talent, als Dahlmeier als junges Mädchen zusammen mit Neuner trainierte. „Lena und Laura waren beide sehr zielstrebig und absolut fleißig, haben alle anderen Sachen nach hinten gestellt”, sagte Kröll. Dahlmeier sei immer noch wissbegierig, arbeite an vielen Details, welche andere als Kleinigkeiten empfinden würden. „Sie ist absolut fokussiert.”
Wie viel Zeit ihm noch mit Dahlmeier bleibt? „Vom Bauchgefühl her würde ich sagen, dass Laura bei Olympia 2022 nicht mehr am Start ist”, sagt Kröll. Konkrete Aussagen von ihr gebe es aber nicht. „Es wäre für den Biathlon-Sport eher besser, wenn ich mich täusche.” Dass Dahlmeier Neuner als Rekord-Weltmeisterin ablöst, sei möglich. Ein WM-Durchmarsch Dahlmeiers wie 2017 mit fünfmal Gold und einmal Silber aber unrealistisch. „Ich denke, dass Laura und auch sonst keine Sportlerin der Welt das in der Art und Weise wiederholen kann”, sagt Kröll. Ausnahmeathleten wie „Lena und Laura” werde es so schnell nicht wieder geben, auch wenn in seinem Team einige Talente seien. (dpa)