Hochwasser Wiederanstieg der Pegelstände insbesondere an Hunte und Hase
Auch nach mehr als einer Woche bleibt die Hochwasserlage in Niedersachsen kritisch. Die Einsatzkräfte sind in einigen Regionen im Dauereinsatz - da kam es in Hannover zu einem unnötigen Großeinsatz.

Hannover - Die Hochwasserlage in einigen Regionen Niedersachsens bleibt auch nach mehr als einer Woche angespannt. Zahlreiche Pegelstände mehrerer Flüsse liegen nach wie vor über der höchsten Meldestufe und tausende Kräfte sind im Dauereinsatz. Vereinzelt können Menschen noch nicht in ihre Wohnungen zurück. Für zusätzlichen Schutz soll unter anderem ein mobiler Deich aus dem Ausland sorgen.
Behörde rechnet mit steigenden Pegelständen an Unterläufen
Der Dauerregen der vergangenen Tage sorgt insbesondere in den Einzugsgebieten der Hunte bei Bremen und Hase im Emsland für einen Wiederanstieg der Wasserstände. Daher sei mit steigenden Pegelständen an den Unterläufen zu rechnen, heißt es in einem Hochwasser-Lagebericht des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) von Donnerstagmittag.
Die Hase ist ein Nebenfluss der Ems und durchfließt mehrere Landkreise - etwa Osnabrück und Emsland. Die Hunte ist ein Nebenfluss der Weser.
Es gibt weiterhin zahlreiche Pegelstände über der höchsten Meldestufe - neben Hase und Hunte auch der Aller, Leine und Weser, hieß es. Wenn die dritte Meldestufe erreicht wird, drohen laut NLWKN Überschwemmungen größerer Flächen sowie einzelner Grundstücke, Straßen und Keller.
Mehrere Kommunen im Hochwasser-Fokus
In mehreren Regionen ist weiterhin ein sogenanntes außergewöhnliches Ereignis festgestellt. Dadurch können Landkreise oder Städte beispielsweise einfacher auf Hilfskräfte zugreifen.
Betroffen davon sind wie seit mehreren Tagen sechs Landkreise sowie die Stadt Oldenburg, wie ein Sprecher des Innenministeriums in Hannover am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur sagte. Die betroffenen Landkreise sind Celle, Oldenburg, Emsland, Osterholz, der Heidekreis sowie Verden. Die Stadt Oldenburg verlängerte das Betretungsverbot für Deiche erneut.
Deichsystem aus Frankreich eingetroffen
Niedersachsen kann auch auf Hilfen aus dem Ausland bauen. Französische Hilfskräfte haben zum Hochwasserschutz einen mobilen Deich in der Gemeinde Winsen an der Aller aufgebaut. Frankreich hatte Niedersachsen das Team mit 39 Fachleuten und 16 Fahrzeugen laut Innenministerium über das EU-Katastrophenschutzverfahren angeboten.
Mit dem Einsatz im Landkreis Celle, wo zunächst 600 Meter des insgesamt 1,2 Kilometer langen Deichsystems verbaut werden sollen, nimmt Niedersachsen demnach erstmals Hilfe aus dem EU-Verfahren in Anspruch. „Das ist ein tolles Zeichen der großen internationalen Solidarität, zumal auch Frankreich zurzeit mit Überschwemmungen zu tun hat“, sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD).
Neben Frankreich hätten unter anderem Dänemark, Niederlande, Österreich, Schweden, die Slowakei und Ungarn bei weiterem Bedarf Unterstützung angeboten.
Seit Beginn des Hochwassers kamen bereits mehrere mobile Deiche in Niedersachsen zum Einsatz. Diese bestehen in der Regel aus mehreren Teilen, die verbunden werden. Manche dieser mobilen Deiche sehen aus wie große Wasserschläuche.
Weiter Evakuierungen in der Nähe von Bremen
Mancherorts können Anwohner weiterhin nicht in ihre Häuser. Etwa in der Gemeinde Lilienthal bei Bremen sind dutzende Häuser und Wohnungen evakuiert. Rund 100 Menschen seien davon betroffen, teilte die 20-000-Einwohner-Gemeinde am Donnerstag mit. In den vergangenen Tagen konnten aber einige Betroffene bereits wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Spätestens am kommenden Sonntag solle die Lage neu bewertet und über eine Freigabe des Bereichs entschieden werden, kündigte die Gemeinde an.
Auch für Urlauber gibt es Einschränkungen: Ferienhäuser in Ostfriesland am See Großes Meer sind wegen des Hochwassers vorsorglich evakuiert worden. Betroffen davon waren am späten Mittwochabend nach bisherigen Erkenntnissen rund ein Dutzend Menschen, wie die Südbrookmerland Touristik GmbH am Donnerstag mitteilte. Die Evakuierten wurden in umliegende Unterkünfte gebracht.
Schwimmer mit Neoprenanzug und Badekappe in Hochwassergebiet
Ein Schwimmer im Hochwassergebiet von Hannover hat einen unnötigen Großeinsatz ausgelöst. „Wir sind fassungslos“, sagte Feuerwehrsprecher Kristof Schwake am Donnerstag. Ihm zufolge war ein Großaufgebot mit bis zu 100 Kräften, Booten, Tauchern, Drohnen und einem Hubschrauber völlig umsonst im Stadtgebiet im Einsatz.
Am Vormittag hatte zunächst eine Frau gemeldet, dass eine Person im Hochwasser von der Strömung abgetrieben worden sein könnte, sagte Schwake. Die Einsatzkräfte seien weiträumig verteilt im Stadtgebiet ausgerückt, weil es im Hochwassergebiet teils eine hohe Strömungsgeschwindigkeit gebe, die unterschätzt werde - und entsprechend eine Person auch weit abgetrieben sein könnte.
Während der Suche meldeten sich weitere Zeugen bei der Feuerwehr, die einen Schwimmer in Neoprenanzug und Badekappe gesehen hatten. Dieser sei aus dem Wasser gestiegen und mit seinem Fahrrad davongefahren.
Weniger Regen könnte Hochwasserlage entschärfen
Der Regen soll in den kommenden Tagen nachlassen. Ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes sagte, dass endlich von Entspannung gesprochen werden könne. Zwar werde am Freitag noch mal Regen erwartet, aber wenig im Vergleich zu den letzten Tagen.
Insgesamt werde es trockener und wesentlich kälter. Ab dem Wochenende sei ein Wintereinbruch mit Schneeschauern, Dauerfrost auch tagsüber und Glätte bei Temperaturen bis zu minus sieben Grad zu erwarten.