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Thüringen Thüringen: Steinbrecher versus Walkinstik-man-alone

22.09.2002, 12:36
Kerstin Walkinstik-man-alone
Kerstin Walkinstik-man-alone dpa

Mühlhausen/dpa. - Die selbstständige Kosmetikerin Kerstin hatte den seit längerem inDeutschland lebenden Musiker Ed Sky im Sommer 2000 bei einemindianischen Konzert im einige Kilometer entfernten Bad Frankenhausenkennen gelernt. Im Februar 2001 heirateten die beiden in Reno im US-Bundesstaat Nevada und kehrten glücklich nach Deutschland zurück -und hier begann der Ärger.

Im Mühlhäuser Rathaus wurde das Fehlen einer Erklärung zumkünftigen gemeinsamen Namen moniert. Für die Frischvermählten keinProblem: In Nevada trage die Frau automatisch den in derHeiratsurkunde angegebenen Namen des Mannes, falls sie keine anderslautende Erklärung abgibt. Und Kerstin wollte unbedingt denindianischen Namen von Ed tragen, der übrigens jahrelang in denHintergrund gedrängt worden war. Denn wie unter Indianern damalsverbreitet, hatte sich Eds Vater einen typisch amerikanischen Namenzugelegt und hieß fortan, ebenso wie der Sohn, Mr. Wunder.

Das Paar kämpfte nun aber für «Walkinstik-man-alone», was so vielbedeutet wie «Hermelin, das alleine läuft». Standesbeamtin Anna-RosaHofmann ging jedoch von einem Eigen- oder Fantasienamen aus und legtedem Gericht eine entsprechende Vorlage vor - nach Paragraf 45 desPersonenstandgesetzes. Der Personalausweis wurde zwar vomEinwohnermeldeamt versehentlich im Sinne der Eheleute umgeschrieben,die standesamtliche Anerkennung des Namens blieb jedoch aus. MitGeburts-, Heirats-, Scheidungs- und sonstigen Urkunden - insgesamt 44Dokumenten - hätten sie für den exotischen Namen gekämpft, sagtKerstin Walkinstik-man-alone.

Das Gericht folgte schließlich einem eigens erstellten,achtseitigen Gutachten des Landesverwaltungsamtes Weimar - Problememit dem in Deutschland außergewöhnlichen Namenszug sah das Gutachtenebenso wenig wie mit den Bindestrichen in «Walkinstik-man-alone». Denerlösenden Gerichtsentscheid kommentierte die 42-Jährige nunerleichtert: «Wir sind happy», sagte sie. «Wer weiß, was passiertwäre, wenn wir uns nicht so lieb gehabt hätten.»

Mit dem Beschluss ist die Sache für sie allerdings noch nichterledigt. Bei einer übers Amtsgericht ermöglichten Akteneinsichtstellten die Eheleute nämlich im vergangenen Januar fest, dassanstelle der eingereichten 44 Dokumente nur 4 Urkunden vorlagen. EinErmittlungsverfahren gegen die Standesbeamtin wegenUrkundenunterlassung wurde vor wenigen Tagen von derStaatsanwaltschaft zwar eingestellt. Doch Kerstin und besonders Ed,der sich in seiner Indianerehre verletzt fühlt, wollen Beschwerdeeinlegen.

Unabhängig von allem Streit meldet sich die couragierte Frau amTelefon seit langem mit ihrem Wunschnamen. Wenn das Urteil in zweiWochen rechtskräftig ist, sollen es vollends alle erfahren - aus demTelefonbuch wie aus dem Ausweis. Auf dem Klingelschild steht schonseit 19 Monaten: Walkinstik-man-alone.