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Südafrika Südafrika: Mann wurde den Löwen zum Fraß vorgeworfen

Von Ralf E. Krüger 28.04.2005, 13:51
Der tatverdächtige weiße Farmer Mark Scott-Crossley (M.) wird in das Gerichtsgebäude in Phalaborwa in Südafrika geführt. (Foto vom 21.04.2005). Ein Schädel, ein Finger, ein Stück Stoff - das war alles, was von Nelson Chisale übrig blieb: Der 41-jährige Südafrikaner wurde von Löwen zerrissen. (Foto: dpa)
Der tatverdächtige weiße Farmer Mark Scott-Crossley (M.) wird in das Gerichtsgebäude in Phalaborwa in Südafrika geführt. (Foto vom 21.04.2005). Ein Schädel, ein Finger, ein Stück Stoff - das war alles, was von Nelson Chisale übrig blieb: Der 41-jährige Südafrikaner wurde von Löwen zerrissen. (Foto: dpa) EPA

Johannesburg/dpa. - Der Grund liegt nicht nur in den grausigen Umständender Tat, sondern auch der Hautfarbe und dem sozialen Status derVerdächtigen. Denn beim Opfer handelt es sich um einen schwarzenFarmarbeiter, bei einem der Verdächtigen um einen weißen Farmer.

An Vorverurteilungen mangelte es daher nicht. Schon Wochen vor derUrteilsverkündung gab es Schuldzuweisungen. Der angeklagte Farmermachte es seinen Kritikern dabei durch trotziges Auftreten in derÖffentlichkeit leicht. An diesem Donnerstag bereitete Richter GeorgeMaluleke mit seinen beiden Beisitzern allen Spekulationen ein Ende:Das Gericht fand zwei Angeklagte eindeutig des Mordes für schuldig -das Strafmaß soll im August verkündet werden. Gegen einen drittensoll später verhandelt werden, er liegt derzeit im Krankenhaus.

Doch was auf den ersten Blick wie eine abscheuliche Tat aus denTagen des staatlich verordneten Rassismus aussieht, präsentiertesich während des wochenlangen Prozesses als komplexe Gemengelage. ElfJahre nach dem Fall der Apartheid wirft der Fall ein Schlaglicht aufdie gespannten Beziehungen, die das Miteinander von Schwarz und Weißauf dem flachen Land auch heute noch prägen.

Nach dem, was als unbestritten gilt, war der ehemalige ArbeiterChisale auf die Farm seines früheren Arbeitgebers gekommen. Er wolltepersönliche Dinge abholen, geriet dabei aber mit zwei anderenFarmarbeitern in Streit; sie banden ihn an einen Baum und foltertenihn mit Macheten. Auseinander ging die Darstellung bei der Kernfragenach dem Motiv und der Zeit danach. Beide Arbeiter behaupten, aufBefehl des Farmers gehandelt zu haben. Der dagegen erklärte, er seierst später an den Tatort gekommen, als das Opfer schon tot war.

Das Ganze sei eine Angelegenheit seiner Arbeiter gewesen, in dieer sich nicht habe einmischen wollen. Nur wegen der Drohungen einesebenfalls dazu gestoßenen Gemeindevorstehers habe er geholfen, dieLeiche zu beseitigen. Bis heute unklar ist jedoch, ob das Opferwirklich schon tot war, als es dann über den Zaun einer Löwen-Aufzuchtstation geworfen wurde. Während die Anklagevertreterin dasals unerheblich ansah und allen drei Beteiligten Mittäterschaftvorhält, sieht das die Verteidigung des Farmers anders. Sie äußerteden Verdacht, ihr Mandant solle als politisch wohlfeiler Sündenbockgeopfert werden.

Doch unabhängig vom Urteil des Gerichts: Die Art und Weise, wieFarmer und Arbeiter auf die Folter des Opfers reagierten, offenbartdie Brutalität einer Gesellschaft, die lange Zeit nur die Sprache derGewalt kannte. Für einen der Angeklagten scheint das Urteil bereitsgesprochen. Er liegt im Krankenhaus - nach offiziell unbestätigtenBerichten hat er sich mit dem Aids-Virus infiziert.