Raumfahrt Raumfahrt: Erster Besuch beim Merkur seit über 30 Jahren

Hamburg/dpa. - Der sonnennächste Planet Merkur ist zwar seitmindestens 3000 Jahren bekannt, aber noch immer kaum erforscht. Erstdie Hälfte der Oberfläche hat die bislang einzige Merkur-Sonde,«Mariner 10», kartiert. Erstmals seit mehr als 30 Jahren startet amkommenden Montag wieder eine Merkur-Expedition. Die Sonde «Messenger» soll auch neue Erkenntnisse über die Erde bringen.
«Merkur ist einer unserer nächsten Nachbarn und einer der viererdähnlichen Gesteinsplaneten», erläutert Louise Prockter von derJohns Hopkins University in Laurel (US-Staat Maryland), die für«Messengers» Kamera verantwortlich ist. Merkur ist nicht viel größerals der Erdenmond. Wenn auf ihm die Sonne aufgeht, bricht stets einlanger, heißer Tag an: Nach der fast minus 200 Grad Celsius kaltenNacht erhitzt die Sonne den Planeten tagsüber auf Temperaturen von400 Grad und mehr. Und Sonnenuntergang ist erst nach einem Merkurjahr- das ist auf dem Merkur immerhin 88 Erdentage lang.
Da Merkur wie die Venus innerhalb der Erdbahn um die Sonne kreist,kann er wie sie als eine Art Morgen- oder Abendstern am Firmamenterscheinen, ist allerdings wegen seiner Nähe zur Sonne nur schwer zubeobachten. Im klassischen Griechenland trug Merkur zwei Namen, Apollund Hermes, je nachdem, ob er morgens oder abends am Himmelauftauchte. Und wie Venus kann Merkur am irdischen Himmel vor derSonnenscheibe vorbeiziehen - so ein Merkurtransit ist sogar etwashäufiger als der im Juni von den Astronomen als Jahrhundertereignisgefeierte Venustransit. Allerdings ist er mit bloßem Auge nicht zuerkennen.
Der arabische Astronom Nur ad-Din Abu Ishaq Al-Bitruji Al-Isbilihatte im 12. Jahrhundert noch vermutet, Merkur müsse wohl eindurchsichtiger Planet sein, weil er ihn nie als dunklen Punkt vor derSonnenscheibe erspähen konnte. Doch Merkur ist natürlich keineswegstransparent, er besteht sogar zum größten Teil aus Eisen, was dieForscher verblüfft hat. «Merkur hat einen Eisenkern, der viel größerist, als man erwarten würde», erläutert Prockter. «Wie so ein großerKern in einem derart kleinen Objekt entstehen konnte, ist noch nichtgeklärt.» Das ist eine der zentralen Fragen, die «Messenger»beantworten soll.
Die rund 500 Kilogramm schwere NASA-Sonde, die von einem Schildaus Spezialkeramik gegen die intensive Sonnenstrahlung geschütztwird, hat acht Instrumente an Bord und soll den Merkur ein Jahr langumkreisen. Bevor sie 2011 in seine Umlaufbahn einschwenkt, wird«Messenger» 2008 und 2009 den Planeten drei Mal passieren. Insgesamt15 Mal wird die Sonde auf ihrer fast acht Milliarden Kilometer langenReise die Sonne umrunden und dabei im kommenden Jahr auch an der Erdeund in den beiden Folgejahren an der Venus vorbeifliegen.
Zu den wichtigsten Aufgaben der 427 Millionen US-Dollar (knapp350 Millionen Euro) teuren Expedition gehört auch die Untersuchungder geologischen Geschichte des Merkur, auf dessen zernarbterOberfläche unter anderem ein System bogenförmiger Bergrücken entdecktwurde. Außerdem soll das von «Mariner 10» entdeckte Magnetfelderforscht werden, das etwa ein Prozent so stark ist wie das irdische.
Darüber hinaus haben Radarmessungen trotz der tagsüber glutheißenTemperaturen auf dem Merkur Hinweise auf Eis erbracht - und zwar inpermanent abgeschatteten Kratern an den Merkurpolen. «Wassereiskönnte mit Kometen oder Asteroiden auf den Merkur gestürzt sein, oderes ist aus dem Planeten gedünstet und an den Polen eingefroren»,erläutert Prockter. Alternativ könne es sich aber auch um andereAblagerungen wie etwa Schwefel handeln. Auch dieses Rätsel soll«Messenger» klären. «Messenger»-Chefwissenschaftler Sean Solomon vonder Carnegie Institution in Washington fiebert dem Start entgegen:«Fast 30 Jahre lang konnten unsere Fragen nicht beantwortet werden,bis die Technologie sich unseren Bedürfnissen angeglichen hat. Jetztsind wir soweit.»