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Prozess um verhungertes Kind Prozess um verhungertes Kind: Jessicas Mutter will sich vor Gericht schuldig bekennen

24.08.2005, 11:32
Die Gerichtszeichnung zeigt die Eltern der siebenjährigen Jessica, die während der Verlesung der Anklageschrift am Mittwoch (24. August 2005) im Gerichtssaal des Hamburger Landgerichts sitzen. (Foto: dpa)
Die Gerichtszeichnung zeigt die Eltern der siebenjährigen Jessica, die während der Verlesung der Anklageschrift am Mittwoch (24. August 2005) im Gerichtssaal des Hamburger Landgerichts sitzen. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Jahrelang hätten sie ihr Kind in einemungeheizten und verdunkelten Raum der Wohnung gefangen gehalten.Gemeinsam hätten sie beschlossen, das Kind «grausam zur Verdeckungeiner weiteren Straftat» sterben zu lassen. Als eine vom Vatergebaute Stromfalle nicht funktionierte, gaben sie dem Kind überlängere Zeit nicht genug zu essen und zu trinken.

Als die Siebenjährige in der Nacht zum 1. März qualvoll starb, wogsie nur noch 9,6 Kilogramm. Zuletzt hatte Jessica aus Verzweiflungihre eigenen Haare gegessen und erstickte laut medizinischemGutachten an erbrochenem Speisebrei. Den Eltern droht nun wegenMordes eine lebenslange Haftstrafe.

Vor einem vollbesetzten Zuschauerraum kritisierte der VorsitzendeRichter Gerhard Schaberg, dass in den Medien bereits Tatortfotosveröffentlicht und geladene Zeugen interviewt wurden. Das seiproblematisch, weil die ehrenamtlichen Schöffen unbefangen in denProzess gehen sollten.

Der Verteidiger der Mutter sagte in einer verlesenen Erklärung,seine Mandantin werde sich «zu ihrer Schuld bekennen» und Schuldnicht etwa auf Dritte abwälzen. Der Anwalt meinte, er erwarte «keinVerständnis für Grausamkeiten, das es nicht geben kann». Der Sinn vonStrafe sei nicht Rache, sondern Prävention «für die Kinder dieserStadt, die nicht auf der Sonnenseite stehen». Auch wenn es für dieAngeklagte sicherlich schwer werde, wolle sie im weiteren Prozessumfassend aussagen.

Die Verteidigerin des Vaters von Jessica, sagte in einer Erklärungihres Mandanten, der 49-Jährige mit «geringer Fähigkeit zurEigeninitiative» sehe sich nicht in der Lage, sich zu äußern. «Erschafft es schlichtweg nicht», sagte sie.

Nach nur rund einer halben Stunde war der erste Prozesstag bereitsbeendet und das Gericht vertagte sich bis zum 30. August. Bis zum 31.Oktober sind zehn weitere Verhandlungstage angesetzt. Dabei sollensechs Sachverständige und neun Zeugen gehört werden.dpa sr yyno pn 241603 Aug 05

Ein Teddy liegt am Grab von Jessica auf dem Friedhof Rahlstedt in Hamburg. Das Mädchen wurde am Dienstag (1. März 2005) in der elterlichen Wohnung von einem Notarzt verhungert aufgefunden. (Foto: dpa)
Ein Teddy liegt am Grab von Jessica auf dem Friedhof Rahlstedt in Hamburg. Das Mädchen wurde am Dienstag (1. März 2005) in der elterlichen Wohnung von einem Notarzt verhungert aufgefunden. (Foto: dpa)
dpa