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Nach dem Zwischenfall beim «Super Bowl» Nach dem Zwischenfall beim «Super Bowl»: Janet Jacksons Busen setzt prüde US-Medien unter Druck

Von Thomas Müller 06.02.2004, 16:33
Janet Jackson und Justin Timberlake während ihres Auftritts in der Spielpause des Super Bowl. Timberlake riss Jackson dabei ihr schwarzes Leder-Bustier auf und entblößte ihre mit einem Metallstern verzierte Brust. Jacksons Sprecherin gab an, dass statt der nackten Brust ein roter Spitzen-BH zum Vorschein kommen sollte. Foto: dpa)
Janet Jackson und Justin Timberlake während ihres Auftritts in der Spielpause des Super Bowl. Timberlake riss Jackson dabei ihr schwarzes Leder-Bustier auf und entblößte ihre mit einem Metallstern verzierte Brust. Jacksons Sprecherin gab an, dass statt der nackten Brust ein roter Spitzen-BH zum Vorschein kommen sollte. Foto: dpa) EPA

Washington/dpa. - Wie kaum ein anderes Ereignis hat der nackte Busen Janet Jacksons die amerikanische Medienlandschaft in Aufruhr gebracht und tief greifende Veränderungen in die Wege geleitet. Aufgeschreckt durch den Anblick des Busens wollen die großen Fernsehsender nun damit beginnen, ihre Live-Übertragungen mit Hilfe moderner Technik um Sekunden oder Minuten zeitversetzt auszustrahlen, um so möglicherweise «anstößiges» Material rasch ausblenden zu können.

Nervös macht die Sender auch ein neuer Gesetzentwurf im Kongress, wonach die Sender mit drastisch höheren Strafen als bisher für die Ausstrahlung von Flüchen oder zu viel nackter Haut abgestraft werden sollen. Damit dürften die großen Sender NBC, ABC, CBS und Fox, die in Bettszenen ohnehin nie nackte Busen zeigen und Flüche mit einem Piepsignal übertönen, noch restriktiver werden.

Schon setzte der Fernsehsender NBC bei seiner erfolgreichen Krankenhausserie «ER» vorsichtshalber die Schere an. Gegen den erbitterten Widerstand des Produzenten schnitt NBC bei der Sendung am Donnerstagabend ein Segment heraus, bei dem für den Bruchteil einer Sekunde die nackte Brust einer verletzten 80-Jährigen auf einer Bahre zu sehen war. «Unglücklicherweise hat die Atmosphäre, die durch die Ereignisse in dieser Woche geschaffen wurde, es für viele unsere Partnerstationen schwierig gemacht, dies auszustrahlen», begründete NBC die Entscheidung nach Informationen der «Washington Post».

Bei der Oscar-Verleihung und bei der Vergabe der Grammys gehen die Sender nun auf Nummer Sicher. So will sich ABC mit einer um mehrere Sekunden zeitversetzen Ausstrahlung vor unangenehmen Überraschungen schützen. ABC hatte nach Medienberichten bereits im vergangenen Jahr mit den Planungen für die zeitversetzten Sendungen begonnen, nachdem sich Popstar Bono bei der Golden-Globe-Vergabe mit den Worten «fucking brilliant» unzensiert gefreut hatte. Der Jackson-Vorfall bei dem «Super Bowl» habe dem Vorhaben nun neue Dringlichkeit gegeben.

Der Direktor der US-Filmakademie, Bruce Davis, steht dem neuen Trend skeptisch gegenüber. «Wenn Du jemand anderem erlaubst, ein wenig Kontrolle auszuüben, wo soll das alles enden?» In einem Interview des Magazins «Variety» äußerte er die Besorgnis, dass die Verzögerung auch genutzt werden könnte, politische Meinungen zu zensieren wie etwa die Antikriegsrede des Regisseurs, Buchautors und Bush-Gegners Michael Moore bei der Oscar-Verleihung im vergangenen Jahr.

Anderen geht die Selbstzensur der Sender noch nicht weit genug. Die konservative Frauenorganisation «Concerned Women for America», die sich über Janet Jacksons «Porno-Show» bitter beschwerte, warf der Medienaufsichtsbehörde FCC vor, in ihrem Vorgehen gegen Obszönitäten zu lasch zu sein. Die vom Musiksender MTV produzierte Halbzeitseinlage während Football-Finales hätte nie gezeigt werden dürfen. Inzwischen hat die FCC eine Untersuchung eingeleitet.

Nach Angaben der Aufsichtsbehörde gingen mehr als 200 000 Klagen gegen die von MTV produzierte Showeinlage ein. Dabei hätten sich viele aber nicht nur über Jacksons Entblößung, sondern auch über die sexuellen Gesten und Texte anderer Stars wie P. Diddy, Nelly und Kid Rock empört.

Medienprofessor Robert Thompson sagte der «New York Times», der Musiksender, der meist von jüngeren Zuschauern gesehen wird und diese mit Zungenküssen zwischen Madonna und Britney Spears erfreut, habe sich mit der Show ins Rampenlicht gesetzt und müsse nun mit Angriffen von Kritikern rechnen, die ihn bisher ignoriert hätten. MTVs Entscheidung, sich einer so breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, sei so, als ob «eine 17-Jährige der Mutter erlaubt, ihre Tagebücher zu lesen».