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Kundgebung am Samstag in Berlin Kundgebung am Samstag in Berlin: Veranstalter der "Zug der Liebe"-Demo erhalten Hass-Mails

Von Karin Schmidl 23.07.2015, 10:56
Damals war’s: Bei der Love Parade tanzten bis zu eine Million Technofans auf der Straße des 17. Juni.
Damals war’s: Bei der Love Parade tanzten bis zu eine Million Technofans auf der Straße des 17. Juni. ap/franka bruns Lizenz

Eine Demo, die sich „Zug der Liebe“ nennt, Wagen mit wummernden Bässen und tanzende Menschen auf der Straße. Da werden bei vielen Erinnerungen wach. An die Love Parade, die über Jahre immer im Juli Millionen Partygänger in den Tiergarten nach Mitte lockte. Doch solche Erinnerungen wollen die Macher vom „Zug der Liebe“ nicht zulassen.

„Wir sind nicht die neue Love Parade!“

„Wir sind nicht die neue Love Parade“, sagte Jens Schwan am Mittwoch. Der 43-Jährige gehört zu den Organisatoren der Demo, die am Sonnabend über rund zehn Kilometer durch vier Bezirke führen soll. Martin Hüttmann (33) hatte die Idee dafür. Dass die Demo fast auf den Tag genau fünf Jahre nach der Love-Parade-Katastrophe von Duisburg stattfindet, sei eine „schwierige Sache, aber Zufall“, sagte er.

Mitmenschlichkeit und Toleranz statt Ausgrenzung und Hass

Beide Männer haben einen ordentlichen Angestellten-Job und arbeiten in ihrer Freizeit als Veranstalter von Open-Air-Events und als DJ. Nach mehreren Teilnahmen an der Fuckparade, die seit 1998 als Gegenstück zur Love Parade lief, wünschten sie sich etwas anderes. Und weil sie sich schon seit Langem darüber ärgern, dass viele Menschen in Deutschland vor allem an sich selbst denken und es mehr Ausgrenzung statt Mitmenschlichkeit, mehr Hass gegen Fremde als Toleranz gibt, war die Idee geboren: „Wir wollen zu mehr sozialem Engagement aufrufen. Es ist doch skandalös, was sich beim Thema Flüchtlinge im Mittelmeer und hier in Deutschland bei Pegida abspielt“, sagte Schwan.

Politische Anliegen kommen nicht bei allen gut an

Die Idee hat ihnen nicht nur Zustimmung eingebracht. Er habe erstaunliche Hass-Mails bekommen, so Schwan. Von Pegida-Anhängern und anderen verbalen Brandstiftern gegen Ausländer. „Eigentlich müssten wir ja die Demo in Freital machen, aber auch in Berlin gibt es einen Haufen Unbelehrbare.“

Um den politischen Gedanken zu betonen, suchte man soziale Vereine. Gangway ist dabei, der Jugendsozialarbeit macht. Das Netzwerk Berlin 21, das sich um Stadtentwicklung und gegen Gentrifizierung stark macht. Sea Watch nimmt sich des Themas Flüchtlinge an, die Tiertafel sammelt Tierfutter für Arme, und das Schwuz kämpft gegen Homophobie.

Vereine wie Gangway, Sea Watch, Tiertafel nehmen teil

Jeder Verein kann sich und seine Arbeit auf einem der 14 Wagen präsentieren. Zugeordnet wurden ihnen DJs, die für die Musik sorgen. Sie kommen von Clubs wie Beate Uwe, Birgit&Bier oder den Techno Türken. Die Clubs finanzieren die Wagen. Und die Musik, die während des Zugs auf 95 Dezibel eingepegelt werden soll.

Nicht nur Feiern – Etliche Party-Veranstalter abgelehnt

„Wir haben etliche Veranstalter, die sich beworben haben, abgelehnt, weil sie nur an Party interessiert waren“, so Schwan. Allen sei klargemacht worden, dass die Musik nur dazu dient, mehr Aufmerksamkeit für die Vereine zu kriegen. Und weil man Kommerz allgemein ablehne, gebe es auch keine Sponsoren, keine Getränkestände, keine Star-DJs und kein Merchandising.

Rund 14.000 Teilnehmer erwartet

Mit gut 14.000 Teilnehmern rechnen beide. Werden es deutlich mehr, sei eine Ausweichstrecke über breitere Straßen vereinbart. Man sollte festes Schuhwerk tragen und Trinkwasser mitbringen. An einer Stelle wird die Musik, abgestellt – auf der Schillingbrücke. Das Bauwerk soll nicht durch Vibrationen der Bässe und Tanzenden gefährdet werden. Das war eine Auflage der Versammlungsbehörde. Ebenso die, dass pünktlich um 22?Uhr die Musik ausgestellt wird. Jens Schwan: „Dann ist Schluss.“ Für 2015 jedenfalls.