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Kinder Kinder: Siamesische Zwillinge in den Operationssaal gebracht

11.09.2004, 16:11
So werden Lea und Tabea getrennt (Grafik: dpa)
So werden Lea und Tabea getrennt (Grafik: dpa) dpa

Baltimore/dpa. - Schicksalsstunden für Lea und Tabea: DieSiamesischen Zwillinge aus Lemgo in Westfalen, die getrennt werdensollen, sind am Samstag in den Operationssaal gebracht worden. Derspektakuläre Eingriff in der Johns Hopkins Universität in Baltimoresoll bis zu 48 Stunden dauern und gilt als äußerst riskant. DieMädchen sind am Kopf zusammengewachsen. Der Eingriff verzögerte sichzunächst, weil nach Angaben einer Krankenhaussprecherin weitereVorbereitungen erforderlich waren.

Derweil bangten tausende Menschen in Deutschland mit den ElternNelly und Peter um das Schicksal der einjährigen Babys. Lea und Tabeahaben eine etwa 50-prozentige Chance, den schwierigen Eingriff zuüberstehen. Sie waren bereits am Vortag unter Narkose gesetzt worden.Selbst wenn sie die Operation überstehen, wird es noch lange dauern,bis ersichtlich ist, ob und welche Folgeschäden sie erlitten haben.Von den weltweit 30 Kindern, die Trennungen an der Schädeldeckeüberlebt haben, sind 17 behindert.

Derweil gab sich eine Sprecherin der Johns Hopkins Universität inBaltimore optimistisch. «Wir wollen den beiden Mädchen ein gesundesund unabhängiges Leben schenken», sagte Kim Hoppe der dpa. Derfederführende Neurochirurg Benjamin Carson gilt als einer dererfahrensten Ärzte weltweit für die Trennung Siamesischer Zwillingeam Oberkopf. Er hat die Operation bereits vier Mal ausgeführt - mitunterschiedlichem Ausgang. Im vergangenen Sommer starben Zwillinge,29-jährige Frauen aus Iran, auf seinem Operationstisch.

Lea und Tabea teilen sich einen Schädelknochen und wichtigeBlutgefäße. Beide besitzen unabhängige und gut ausgebildete Gehirne.Die Mädchen sind aufgeweckt, verspielt und bis auf ihre Verwachsungkerngesund. Eine Missbildung dieser Art kommt nach Angaben derChirurgen am New York Montefiore Hospital ein Mal pro zehn MillionenGeburten vor. Die Klinik hatte erst im August zweijährige Jungen vonden Philippinen getrennt - allerdings nach zehnmonatigerVorbereitung. Carl und Clarence geht es ausgesprochen gut. Ihre Ärzteerwarten, dass sie spätestens zu Weihnachten laufen.

Auch Lea und Tabea sind seit dem 9. Juni mehrere Male operiertworden, um die Haut am Schädel mit Silikonexpandern zu dehnen. Damitwollten die Chirurgen erreichen, dass genügend Haut zur Verfügungsteht, um am Ende beide Schädeldecken bedecken zu können. An diesemWochenende gehörte den kleinen Patienten aus Deutschland die Klinikder angesehenen Universität in Baltimore quasi ganz allein. Alleanderen Operationen wurden abgesagt.

Nach Angaben von Hoppe stehen mehr als hundert Spezialistenbereit, um im Schichtwechsel und für den Notfall einspringen zukönnen. Der komplizierte Eingriff, nach Aussage der New YorkerSpezialisten das kniffligste chirurgische «Kunststück» überhaupt, warimmer und immer wieder an Modellen geübt worden.