1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Graböffnung im Vatikan: Gräber im Vatikan leer: Keine Spur der verschwundenen Emanuela Orlandi

Graböffnung im VatikanGräber im Vatikan leer: Keine Spur der verschwundenen Emanuela Orlandi

11.07.2019, 08:38
Pietro Orlandi mit dem Bild seiner Schwester
Pietro Orlandi mit dem Bild seiner Schwester Ansa/epa

Rom - Die Öffnung der beiden Gräber auf dem deutschen Friedhof im Vatikan war mit Spannung erwartet worden. Doch wurden auf der Suche nach einem verschwundenen Mädchen keinerlei Gebeine gefunden. „Die Suche hat keine Ergebnisse gebracht“, sagte Vatikansprecher Alessandro Gisotti am Donnerstag. „Es wurde keinerlei menschliche Überreste und keine Urnen gefunden.“ Beide Gräber seien leer gewesen.

Der Vatikan hatte die Gräber öffnen lassen, um dort nach möglichen Überresten des Mädchens Emanuela Orlandi zu suchen. Die Tochter eines Vatikan-Hofdieners war vor 36 Jahren spurlos verschwunden. Um den Fall ranken sich seit Jahren Gerüchte und Verschwörungstheorien.

Verdacht gegen den Vatikan

Die beiden Gräber auf dem Campo Santo Teutonico gehören zu Sophie von Hohenlohe (gestorben 1836) und Herzogin Charlotte Friederike zu Mecklenburg (gestorben 1840).

Vor allem Emanueals Bruder Pietro war voller Hoffnung gewesen, dass das Schicksal seiner Schwester geklärt würde.  Zugleich erneuerte der 60-Jährige seinen Verdacht, der Heilige Stuhl könnte in das Verschwinden Emanuelas verstrickt sein.

Die damals 15-jährige Tochter eines Vatikan-Angestellten war am 22. Juni 1983 nach dem Musikunterricht nicht mehr nach Hause zurückgekehrt. Seitdem fehlt jede Spur von ihr. Im vergangenen Sommer erhielt die Anwältin der Familie einen mit einem Foto versehenen Hinweis, wonach die Überreste der Verschwundenen unter einer Grabplatte auf dem deutschen Pilgerfriedhof verscharrt seien.

Daraufhin setzte sie bei der Vatikan-Justiz eine Öffnung der beiden Gräber durch. Für Pietro Orlandi ist dies viel mehr als ein juristischer Erfolg. „Allein die Tatsache der Öffnung bedeutet, dass der Vatikan die Möglichkeit interner Verantwortlichkeiten einräumt“, meint der 60-Jährige. Er ist überzeugt: „Es gibt Leute im Vatikan, die etwas wissen, und vielleicht Leute, die verstrickt sind.“

Der Fall der verschwundenen Emanuela ist längst zu einem der größten Rätsel in der jüngeren italienischen Kriminalgeschichte geworden. Immer wieder blühten neue Spekulationen und Verschwörungstheorien auf. Emanuelas Bruder zufolge könnte Papst Johannes Paul II. in den Fall eingeweiht gewesen sein.

Sechs Monate nach dem Verschwinden der 15-Jährigen habe das Kirchenoberhaupt die Familie des Mädchens besucht und von einem „Fall des internationalen Terrorismus“ gesprochen. „Wenn er bereits die Wahrheit wusste, war dieser Satz die erste falsche Fährte in dieser Geschichte. Ich hatte immer den Eindruck, dass er an diesem Tag abwog zwischen der Wahrheit über das Verschwinden und dem Erscheindungsbild der Kirche. Er hat seine Wahl getroffen.“

Gespräch mit Papst Franziskus

Seither habe eisernes Schweigen im Vatikan geherrscht, klagt Orlandi. Das habe sich lange auch unter Papst Franziskus nicht geändert. Kurz nach dessen Wahl auf den Stuhl Petri habe er Franziskus getroffen und auf seine Schwester angesprochen, berichtet Orlandi. Er habe zu Franziskus gesagt, er hoffe, dass Emanuela noch am Leben sei. Der Papst habe nur gesagt: „Sie ist im Himmel.“ In diesem Augenblick habe er gewusst: „Er wusste mehr als wir.“ (afp)