Fall Kassandra Fall Kassandra: 15-jähriger Angeklagter bricht sein Schweigen
Wuppertal/dpa. - Er soll die neunjährige Kassandra mit einem Stein halbtot geschlagenund zum Sterben in einen Kanalschacht geworfen haben. Der erst 15-jährige Schüler hat die Tat vor dem Wuppertaler Landgerichtüberraschend gestanden. Der Prozess wurde streng von derÖffentlichkeit abgeschirmt.
Mit einem Paukenschlag hat der Prozess um dasMartyrium der kleinen Kassandra begonnen: Nach sieben MonatenSchweigen hat der 15-jährige Förderschüler am Mittwoch nach Angabenseiner Anwältin ein Geständnis abgelegt. Der wegen versuchten Mordesangeklagte Junge habe damit dem Opfer eine Aussage ersparen wollen.«Ich denke, er ist erleichtert, dass er ein Geständnis abgelegt hat»,sagte Anwältin Astrid Denecke. Das Strafmaß, das der Junge zuerwarten habe, hänge auch von der Einschätzung der Gutachter ab, ober als strafmündig angesehen werden könne. Dem Förderschüler drohennach Jugendstrafrecht bis zu zehn Jahren Gefängnis.
Dem Jungen, der schon früher durch Prügeleien aufgefallenen war,wird vorgeworfen, im September 2009 der neunjährigen Kassandra inVelbert bei Essen zweimal mit einem Stein ins Gesicht geschlagen zuhaben. Nach der ersten Attacke ließ der Junge nach Überzeugung derAnklage sein Opfer schwer verletzt auf dem Boden liegen. Vermutlichhabe er den Tatort verlassen und sei nach einer halben Stundezurückgekehrt. Dann habe er noch mal zugeschlagen und Kassandra inden Kanalschacht gestoßen, damit sie dort stirbt.
Er habe den rund 30 Kilogramm schweren Kanaldeckel über das Lochgezogen und ihn mit Ästen bedeckt. Nach einem siebenstündigenMartyrium war das durchnässte und stark unterkühlte Kind in der Nachtvon einem Spürhund gefunden worden. Es lag anschließend tagelang ineinem künstlichen Koma.
Der 15-Jährige und seine Eltern wurden bei ihrer Ankunft mit demAuto am Landgericht mit Sichtschutzplanen abgeschirmt. DieÖffentlichkeit ist von dem Verfahren komplett ausgeschlossen, weilder Angeklagte noch minderjährig ist. Weder die Staatsanwaltschaftnoch der Anwalt der als Nebenkläger auftretenden Eltern wollten etwaszum Prozessverlauf sagen.
Das Motiv der Tat ist völlig unklar. Spuren einesSexualverbrechens fanden die Ermittler nicht. Obwohl es keinedirekten Zeugen der Tat gegeben habe, sei die Beweislage «sehr gut»,sagte Staatsanwalt Rüdiger Ihl vor Beginn des Prozesses. Ermittlerhätten DNA- und Faserspuren gefunden, und es gebe Zeugenaussagen«rund um das Tatgeschehen».
Der damals 14-Jährige war rund drei Wochen nach der Tatfestgenommen worden. Kassandra hatte am 14. September 2009 wie immerin Velbert-Neviges in einem betreuten Spieltreff in der Nähe ihresElternhauses gespielt. Als der Hort am Abend schloss, traf dasMädchen dort auf ihren Peiniger. Der Kanalschacht, in den er dasMädchen warf, liegt hinter einer Turnhalle ganz in der Nähe desTreffs.
Der angeklagte Jugendliche kannte Kassandra. Er hatte nachPolizeiangaben Hausverbot in dem Spieltreff, weil er schon früherkleinere Kinder tyrannisiert und sich oft geprügelt haben soll. Schonfrüher war gegen ihn ermittelt worden.
[Tatort]: Tönisheider Str., Velbert-Neviges
[Gericht]: Eiland 1, Wuppertal
dpa dot yynwd z2 ub 071548 Apr 10