Entspannter Auftakt für Weltausstellung in Shanghai
Shanghai/dpa. - Lange Schlangen, große Neugier und entspannte Atmosphäre: Die größte Weltausstellung aller Zeiten in Shanghai hat am Samstag einen weitgehend reibungslosen Auftakt erlebt.
Mehr als 350 000 Menschen strömten am ersten Tag der Expo 2010 in der ostchinesischen Hafenmetropole über das fünf Quadratkilometer große Gelände auf beiden Seiten des Huangpu-Flusses. Die Karten waren ausverkauft. Mehr als 20 Staats- und Regierungschefs und viele Ehrengäste besuchten zur Eröffnung ihre Länderpavillons.
Neben der Selbstdarstellung der einzelnen Nationen dreht sich die Expo 2010 mit dem Hauptthema «Eine bessere Stadt, ein besseres Leben» um nachhaltige Stadtentwicklung. Mit knapp 250 teilnehmenden Ländern und Organisationen, dem bisher größten Gelände und erwarteten 70 Millionen Besuchern über sechs Monate schlägt die Weltausstellung schon heute alle Rekorde in der 159-jährigen Expo-Geschichte.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso eröffnete mit Außenkommissarin Catherine Ashton den ersten europäischen Expo- Pavillon als «ein Zeichen der besonderen Beziehungen zwischen der EU und China». Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao nutzte die Gelegenheit auch für politische Gespräche unter anderem mit Barroso und Ashton. Er traf sich auch mit Südkoreas Präsident Lee Myung Bak und Nordkoreas Nummer Zwei, Parlamentschef Kim Yong Nam, um die schwierige innerkoreanische Aussöhnung voranzubringen.
Nach chaotischen Szenen beim Probelauf vergangene Wochen schienen die Sicherheitskontrollen den Ansturm gut zu bewältigen. Mit den rund 350 000 Besuchern hatten die Organisatoren den Strom vorerst auch begrenzt. Dennoch bildeten sich schon früh am Samstagvormittag lange Schlangen vor den Pavillons. Anders als beim Versuchsbetrieb war die Atmosphäre aber deutlich entspannter. Für den Sonntag wurden deutlich mehr Besucher erwartet.
Der kubisch geformte deutsche Pavillon unter dem Motto «Balancity - Die Stadt im Gleichgewicht» wurde geradezu belagert. «Deutschland ist die Nummer Eins», antwortete ein Chinese auf die Frage, warum er sich zuerst bei den Deutschen angestellt habe. «Von Deutschland können wir lernen.» Rund eine Stunde mussten die Besucher schon am Mittag warten. Später war die Schlange noch länger. Die Wartezeiten seien unvermeidlich, sagte die deutsche Expo-Sprecherin Marion Conrady. «Es ist uns wichtig, dass im Pavillon eine Atmosphäre herrscht, in der sich die Leute in Ruhe ansehen können, was sie möchten.»
Vieles ist zum Anfassen und Erleben, so dass Besucher begeistert alles ausprobierten. «Es ist großartig», sagte Frau Song aus Shanghai. «Hoch interessant», lobte sie, auf technische Ausstellungsstücke und Materialien in der «Fabrik» zeigend, wo sich Deutschland als innovative Nation darstellt. «Alles sehr deutsch.» Mit den interaktiven Bildschirmen, die über Abwasserprobleme oder Windenergie aufklären, tat sie sich allerdings etwas schwer: «Ich habe versehentlich Deutsch eingestellt.»
Da sich gerade Chinesen gerne vor Sehenswürdigkeiten fotografieren lassen, stehen zum Beispiel vor einem Bild von Schloss Neuschwanstein ein kostümierter «König Ludwig» sowie eine «Sissy» bereit, um sich gemeinsam mit Besuchern ablichten zu lassen. Der Parteichef der Provinz Sichuan, Liu Qibao, winkte aber bei den Bayern ab und zog ein Erinnerungsfoto mit einem Gartenzwerg vor.
Schon am Vormittag erlebte das deutsche Restaurant einen Ansturm. «Wir haben den Pavillon noch nicht gesehen, aber wollten erstmal das Essen ausprobieren, bevor es am Mittag zu voll wird», sagte ein Chinese, der mit seiner Familie unter anderem Schweinshaxe und Bratwürste bestellt hatte. «Wir haben noch nie Deutsch gegessen», sagte der Familienvater und prostete zufrieden mit seinem Weizenbier. «Schmeckt sehr gut.» Das 400 Sitzplätze große Restaurant hat 20 Tonnen Sauerkraut und fünf Tonnen Rotkohl bestellt, um den Appetit der Besucher während der sechs Monate zu bewältigen.
Spektakulärer Schlusspunkt des deutschen Pavillons ist die «Energiezentrale»: In dem dunklen Dom bringen jeweils 600 Besucher eine 1,2 Tonnen schwere, leuchtende Wunderkugel an einem Pendel durch Gesten und gemeinsames Rufen zum Schwingen. Auf der drei Meter großen Kugel stellen 400 000 LED-Punkte bunte Farben, Formen und auch Bilder von Natur oder Städten dar - selbst der Mauerfall kommt in der beeindruckenden Show vor, die begeistert aufgenommen wurde.