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Dokumentation Dokumentation: Die Erklärung von Marco Weiss

26.11.2008, 15:55

Uelzen/dpa. - Die Mail liegt der Deutschen Presse-Agentur dpa in Hannover vor. Siewird in Auszügen dokumentiert:

«Nun reicht es mir. Lange genug habe ich geschwiegen. Es ist ander Zeit, die Dinge auszusprechen, die mich belasten. Ich mussteetwas tun, damit ich mich hoffentlich endgültig von meinen Alpträumenbefreien kann. Manche werden sagen, Diplomatie und taktischesSchweigen wären die bessere Lösung gewesen. Aber: Das Schweigen machtmich krank.

Ich habe schon nach den ersten Gesprächen mit dem Arzt über meinetraumatischen Erlebnisse festgestellt, dass es mir danach besserging. Doch nach einer gewissen Zeit holten mich die Ereignisse in derTürkei wieder ein. Sie verwandelten meine Träume in Alpträume.Tagsüber drückten mich oft bleischwere Gedanken, an denen ich nichtselten verzweifelte.» (...)

«Der Prozess scheint kein Ende nehmen zu wollen. Meine Familieleidet unter der ewigen Anspannung, die ein schwebendesStrafverfahren ohne Abschluss in uns allen hervorruft.» (...)

«Die Idee, mir die ganze Geschichte von der Leber zu erzählen,arbeitete schon seit einiger Zeit in mir. Der laufende Prozess unddie Angst, dass meine Erzählungen sich auch negativ auf das Urteilauswirken könnten, obwohl ich allein die Wahrheit erzähle, haben michzögern lassen. Ein totales Schweigen über Haftverhältnisse und überdie verhängnisvolle Nacht wäre vielleicht nach politischen undjuristischen Maßstäben besser gewesen. Aber nicht für meine Seele.»

«Ich bin unschuldig. Ich habe ein reines Herz. Mir bleibt nur derWeg, mit meiner Geschichte um mein Ansehen zu kämpfen.» (...)

«Letzten Endes gab das Schicksal meines Vaters den Ausschlag fürmeinen Entschluss, meine Geschichte gerade jetzt veröffentlichen zulassen. Deshalb habe ich meine Bedenken beiseite geschoben. Ohne dieSicherheit eines Urteils. Ich nehme die Risiken in Kauf. MeinemVater, der an Leukämie leidet, geht es wieder schlechter. (...)

Deshalb wird mein Buch "Marco W. - Meine 247 Tage im türkischenKnast" zum 1. Jahrestag der Haftentlassung im Dezember 2008 imHamburger Kinderbuchverlag Dr. Carlos Schumacher veröffentlichtwerden. Vielleicht kann mein Buch verhindern helfen, dass anderenjungen Menschen, wann und wo auch immer, das gleiche Schicksalwiderfährt wie mir. Marco Weiss»