1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. DDR-Geschichte: DDR-Geschichte: Honecker-Bunker mit Technik vom Klassenfeind

DDR-Geschichte DDR-Geschichte: Honecker-Bunker mit Technik vom Klassenfeind

Von Jutta Schütz 01.08.2008, 11:50
Zwei Männer stehen in der Leitzentrale des Atombunkers des ehemaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker bei Prenden (Barnim) in Brandenburg. (Foto: ddp)
Zwei Männer stehen in der Leitzentrale des Atombunkers des ehemaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker bei Prenden (Barnim) in Brandenburg. (Foto: ddp) ddp

Prenden/dpa. - Für das streng geheime Objekt 17/5001 in einemWald bei Prenden nördlich von Berlin war der DDR-Führung nichts zuteuer. Der Honecker-Bunker mit knapp 400 Räumen auf dreiunterirdischen Etagen, Westtechnik in der Schaltzentrale, eigenemBrunnen, Klimaanlage, meterdicken Betonwänden, bestens ausgestatteterKüche und einem Konferenzraum für den engsten Führungszirkel seiteurer als der Palast der Republik gewesen, sagte Sebastian Tenschertvom Verein Berliner Bunker Netzwerk. Knapp 19 Jahre nach der Wendewurde der Bunker, der zu DDR-Zeiten als modernster des WarschauerPakts galt, am Freitag erstmals für Besucher geöffnet.

Bis Ende Oktober können sich Interessierte bei Führungen zeigenlassen, wie der Nationale Verteidigungsrat der DDR unter ErichHonecker im Kriegsfall in dem gigantischen Bollwerk ausharren undsich im märkischen Sand vor atomaren, chemischen oder biologischenAnschlägen schützen wollte. Maximal 14 Tage hätten hier 400 Leute -die Führungsspitze samt Mitarbeitern - überleben können. Danach werdeder Eingang wie eine Zeitkapsel mit dickem Beton verschlossen, um denBunker vor weiterem Vandalismus zu schützen, sagte Tenschert.

Ständige Führungen oder ein Museum seien nicht finanzierbar, winktdie Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als Eigentümer ab.Dass der Bunker mit original erhaltener Technik jetzt besichtigtwerden kann, ist letztendlich Abenteurern und Schrottdieben zuverdanken - sie waren in den bereits 1993 verschlossenen Bau immerwieder illegal eingedrungen. Deshalb sichert nun der Verein BerlinerBunker Netzwerk das Areal und bietet die Führungen an. SebastianTenschert ist vor allem von der Technik fasziniert. «Das ist eineinzigartiges Bauwerk», sagte der 33-Jährige.

Ein schmaler Eingang führt in die «Ausweichführungsstelle» mitlangen, dunklen Gängen und schweren Stahltüren. Treppen mitHolzgeländer sind noch mit dunkelbraunem DDR-Linoleum belegt. Aufeiner blauen Linie am Boden sollten mit Kampfstoffen verseuchteMitarbeiter zur Entaktivierung in eine schmale Dusche gehen. In derZentrale stehen graue Schaltschränke mit einem Wirrwarr grüner,schwarzer, grauer und roter Bedienknöpfe. In dem schmalen Raum, indem Honecker übernachten sollte, lehnt nur noch ein leererBilderrahmen an einer Wand mit schimmeliger Streifentapete. Auch dasangrenzende Chef-Arbeitszimmer war in einen aufgehängtenStahlcontainer integriert, der Erschütterungen von außen abfedernsollte.

Nur wenige Kilometer von Wandlitz entfernt, wo die DDR-Führungabgeschottet lebte, wurde der Bunker am 13. Dezember 1983 in Dienstgestellt. Der bis zu 21 Meter in der Erde liegende Bau mit einerGrundfläche von 49 mal 63 Meter war als großer Erdhügel getarnt,umgeben von einem Stasi-Städtchen, zu dem die Einwohner desDörfchens Prenden keinen Zugang hatten.

Das 200 Hektar umfassende Objekt sei im Innenring mit einemHochspannungs-Zaun gesichert worden, erinnerte sich der frühereOberfeldwebel bei der Stasi, Falko Schewe. Er sei für die Wartung derTelefonanlage zuständig gewesen, die nur im Schutzanzug betretenwerden durfte. Zwar sei die DDR-Führung nie komplett dagewesen, aberder Bunker sei rund um die Uhr für den Ernstfall einsatzbereitgewesen. Honecker soll aber nur kurz zur Eröffnung vorbeigeschauthaben, wird kolportiert.

«Das war ein rein technischer Dienst», sagte Schewe. «Ich stehedazu, ich muss mich für nichts schämen», meinte der 44-Jährige, derheute eine Baufirma hat. «Wir wussten, dass die Bundesrepublik einähnliches Objekt betreibt. Für uns war das hier eine ganz normaleSache in Zeiten des Kalten Krieges.»

Major Heiner Brückermann von der Bundeswehr sagte: «DieDDR-Führung ging von einer permanenten Bedrohung aus.» Auf Karten ausdem DDR-Führungsstab seien fiktive Angriffspfeile der NATOeingezeichnet gewesen. Die DDR-Spitze habe sich mit dem Bunker wohlbeweisen wollen, dass sie zurückschlagen könne, ergänzteVereinsvorsitzender Tenschert. Und deshalb war die Geheimhaltung sohoch, dass sich nicht mal die Stasi-Mitarbeiter in dem Bunker freibewegen konnten.