Brandenburg Brandenburg: Bisher älteste deutsche Frau starb im Alter von 102 Jahren

Potsdam/dpa. - Frieda Müller ist tot. Sie schlief im Alter von110 Jahren am Donnerstagabend friedlich in Potsdam ein. Dort hattesie in einem Pflegeheim bettlägrig und kaum ansprechbar die letztenJahre ihres Lebens verbracht.
Der 62 Jahre alte Kurt Vogt, ihr Neffe, war der Mensch, der FriedaMüller am besten kannte. «In jungen Jahren war sie eine sehr schöneFrau», sagte er am Freitag der dpa. Er trauert, denn sie sei wie einezweite Mutter für ihn gewesen. Über ihre letzten Jahre sagt derNeffe: «Es ist schon eine Qual, wenn Menschen nicht mehr so am Lebenteilnehmen können.»
Das Reden fällt Kurt Vogt schwer. Er ist scheu geworden, denn zuviele Menschen haben in der letzten Zeit mit ihm über Frieda Müllersprechen wollen. Für einige Monate war sie die älteste Deutsche,nachdem der Düsseldorfer Hermann Dörnemann im Alter von 111 JahrenAnfang März gestorben war.
Sie hat es alles erlebt und konnte es doch nicht mehr erzählen -die Frau, die in Potsdam im damaligen Preußen am 18. Oktober 1894 alsFrieda Pauline Luise Ihnenfeld geboren wurde: Die RegierungszeitKaiser Wilhelms II., die erste öffentliche Filmvorführung, dieWeltwirtschaftskrise 1929, zwei Weltkriege, Mauerbau und Einheit.
Das Leben der gelernten Hutmacherin ist auch eine deutsch-deutscheGeschichte, denn nach dem Zweiten Weltkrieg zog sie mit ihrem MannWilhelm, einem Bahnbeamten, in den Westen nach Schweinfurt. Der starb1958, noch einige Jahre vor dem Mauerbau 1961. Nach der Wende kehrteFrieda Müller 1990 zurück nach Potsdam. Sie kam zusammen mitihrem Neffen Kurt Vogt. Ihre Geschichten sind eng verbunden, dennKurt Vogt war nach den Kriegswirren lange vermisst. Frieda Müllerfand ihn schließlich wieder. Sie selbst und ihr Mann Wilhelm hattenkeine Kinder.
Bald nach der Rückkehr in den Osten musste Frieda Müller in einPflegeheim. Seit 1996 wohnte sie im «Haus Abendstern». «Vom erstenTag an», erzählt Manfred Boesang, Leiter der Potsdamer Einrichtung.«Sie wird eine große Lücke hinterlassen, denn sie war uns sehr ansHerz gewachsen.»
Trotz ihrer Bettlägrigkeit verriet ihr Aussehen bis in die letztenTage wenig von ihren 110 erlebten Jahren. Sie hatte kaum Falten imGesicht. «Ihr Arzt kann es auch nicht fassen», sagte Boesang einmal.Er habe immer wieder gefragt: «Wie kann jemand nur so alt und gesundsein?»
In den letzten Wochen ihres Lebens hat Frieda Müller vielgeschlafen und klassische Musik gehört. Außerdem genoss sieNougatschokolade, wie ihre Pfleger erzählten. Doch ihre Geschichtewird sie nie wieder erzählen können, wie es war, ganz früher. Dasmüssen andere tun. In Berlin, im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, wohntnach Angaben des Bezirksamtes eine 109 Jahre alte Frau. Sie gilt nunals ältester Mensch Deutschlands. Und vielleicht weiß sie noch genau,wie es war im Kaiserreich und später bis hin zur Deutschen Einheit.