Baumkuchen Baumkuchen: König der Kuchen auch in Afrika beliebt
Berlin/dpa. - Seit 1852 ist Baumkuchen dasMarkenzeichen des kleinen Familienunternehmens, das seit 1900 inBerlin ansässig ist. Konditormeisterin Kantelberg liefert mit ihrensieben Angestellten nicht nur in alle Welt. Die passionierte Afrika-Reisende nimmt auch selbst stets einen Baumkuchen-Vorrat für dortige Freunde mit.
Die Anfänge der Konditorei Buchwald liegen bei Onkel Gustav inCottbus, wo der Kuchen aus Butter, frischen Eiern, Mehl, Mandeln,Marzipan und einer bis heute geheimen Gewürzmischung das erste Malaus der Backstube kam. Das Verfahren hat sich nicht geändert: Dieerste Schicht der Masse wird auf eine rotierende Walze gezogen,gebacken, dann die nächste aufgetragen, wieder gebacken, noch eine -bis zu 16 Mal. Mit einer Art Kamm erhält die Rolle die Wellenform.
«Die Kunst ist, dass die Masse nicht zu trocken oder feucht istund keine Luftblasen entstehen - sonst verbinden sich die Schichtennicht und das Ganze fällt runter», weiß die 64-Jährige, die dasKleinunternehmen in vierter Generation führt. Ein aufgeschnittenesKuchenstück sieht dann tatsächlich wie eine Baumscheibe mitJahresringen aus. Streng traditionell besteht der Überzug aus Zucker,aber auch Schokolade ist gefragt. Ein Koch von Karl dem Großen sollbei einem Jagdgelage eine «schwere Eiermasse» über offenem Feuer amSpieß gebacken und damit den Baumkuchen erfunden haben.
In der Weihnachtszeit hat der Baumkuchen Hochkonjunktur, aber «wirbacken ihn das ganze Jahr», sagt Kantelberg, die 1963 mit 22 Jahrenjüngste Konditormeisterin im damaligen West-Berlin war. «Ich binstolz auf mein Handwerk», sagt sie. Sie hat die Erfahrung gemacht,dass trotz «Geiz-ist-geil»-Zeiten Qualität gefragt ist. «Das hat sichrumgesprochen, Werbung machen wir nicht.» Schließlich war schon dasdeutsche Kaiserhaus Buchwald-Kunde. «Kutschen mit dem Wappen SeinerMajestät fuhren hier vor und holten Baumkuchen», weiß sie aus derFamiliengeschichte. Heute muss man für ein Kilo Baumkuchen 32,50 Eurohinblättern. «Ich gebe auch ein Vierteljahr Garantie.» Wie vieleKuchen die Traditions-Konditorei verlassen, will Kantelberg nichtsagen, nur: «Uns geht es gut.»
Der kleinste Baumkuchen aus der Werkstatt gleich hinter dem Caféwiegt 200 Gramm, das größte Exemplar brachte 10 Kilogramm auf dieWaage. Die mit Holzwolle gepolsterten Pakete für Baumkuchen-Freundein Japan, den USA, China und Australien sind schon längst unterwegs,damit sie zum Fest ankommen. «Wissen Sie, wie der Baumkuchen in Japanheißt?» fragt Kantelberg und gibt selbst Auskunft: «Baumkuchen.» DieJapanische Botschaft ist Kunde bei ihr. Auch Star-Tenor PlacidoDomingo bekommt Baumkuchen von Frau Kantelberg.
Sie ist nicht nur in der Backstube zu finden, sondern serviert imvorderen Café auch Tee oder Kaffee. An ihren Torten-Spezialitätenkommt man selten vorbei: Verführung aus Mandeln, Sahne undBaumkuchenstücken. Oder Lebkuchen-Torte. «Torte ist der richtigeLuxus, wenn man sich selbst verwöhnen will.» An Buttercremetortetraue sich zwar heute keiner mehr ran, dafür lägen leichtere Kiwi-und Maracuja-Torten im Trend.
Das Café in der Bartningallee unweit von Innenministerium undmehreren Gerichten solle so altmodisch bleiben wie es ist, sagt dieChefin bestimmt. Das «Großmutter-Stübchen» mit Sofaecke, Kronleuchterund einem alten Schrank vermittle ein Stück heile Welt. Gern kommeauch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele vorbei. «Ermag Marzipantorte und Baumkuchen.» Und der Journalist Hendrik M.Broder bestelle bei seinen Café-Besuchen gern Rum-Marzipan-Torte.Geschlossen ist das Café nur an einem einzigen Tag: Neujahr.
Die Berliner Konditorinnung, in der Kantelberg als Prüferinmitarbeitet, meint: die Branche hat trotz aller Unkenrufe Zukunft.«Konditor ist ein kreativer Beruf und Leute, die Qualität schätzen,sterben nicht aus», sagt Gewerbelehrer Wilfried Sobotta. Und UrsulaKantelberg ist froh, dass nicht nur ihre zwei Töchter bei ihrmitarbeiten, sondern auch die 17-jährige Enkelin Konditorin lernt.