Ausbruchkünstler Ausbruchkünstler: Gepanzerter Freund
Halle (Saale)/MZ. - Doch so niedlich sie auch erscheinen mögen: Landschildkröten stellen hohe Ansprüche an ihre Halter. Sie brauchen ein großes Außengehege und in der kalten Jahreszeit einen ruhigen Platz zum Überwintern.
Die in Deutschland am häufigsten als Haustier gehaltene Art ist die Griechische Landschildkröte. "Aufgrund ihres hübschen Aussehens und ihres zutraulichen Verhaltens erfreute sie sich schon immer großer Beliebtheit", sagt Beate Pfau von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde in Rheinbach bei Bonn. Handelte es sich bei den in den 60er Jahren in Deutschland verkauften Tieren noch hauptsächlich um Wildfänge etwa aus Jugoslawien, stehen die vierbeinigen Panzerträger mittlerweile unter Schutz. Die heute angebotenen Tiere stammen deshalb fast immer aus Nachzuchten. Griechische Landschildkröten haben eine Lebenserwartung von 60 bis 80 Jahren. Vor der Anschaffung eines solchen Tieres sollte der zukünftige Halter also genau darüber nachdenken, ob er sich für eine so lange Zeit an dieses Tier binden möchte. "Eine Schildkröte ist eine Anschaffung für das ganze Leben", sagt James Brückner von der Akademie für Tierschutz in Neubiberg bei München. Schildkröten eignen sich hauptsächlich zum Beobachten und nicht zum Schmusen. "Sie sind Bodentiere und bekommen Angst, wenn man sie hochnimmt", sagt der Schildkrötenexperte.
Dass Schildkröten nicht so einfach zufriedenzustellen sind, zeigt sich spätestens bei den Anforderungen an ihr Gehege. "Von April bis Oktober können Landschildkröten im Freiland leben", sagt Beate Pfau. Dazu brauchen Halter einen eigenen Garten, in dem sie einen Bereich für das Tier einrichten können. Dessen Größe berechnet sich nach der Zahl der Tiere. Für eine einzeln lebende Schildkröte wird eine Fläche von zwei Quadratmetern veranschlagt, für jedes weitere Tier kommt ein halber Quadratmeter hinzu. Man kann Schildkröten zwar in kleinen Gruppen halten, jedoch kommt es durchaus vor, dass sich einzelne Tiere nicht verstehen. In einem solchen Fall bilden getrennte Gehege die einzige Alternative. Gerade in Gruppen, in denen Tiere beider Geschlechter leben, kommt es oft zu Problemen. Eine Trennung der Geschlechter ist deshalb ratsam.
Auch wenn Schildkröten reichlich unbeweglich aussehen, sind sie wahre Ausbruchskünstler. Die Wände des Außengeheges sollten deshalb aus Stein oder Holzpalisaden gebaut und mindestens 35 Zentimeter hoch sein. "Manchmal klettern die Tiere aufeinander und können sich dann über den Rand ziehen", sagt Beate Pfau. Auch können sie in den Ecken hochklettern oder eine Umzäunung untergraben. Deshalb sollte die Gehegebegrenzung 20 Zentimeter in den Boden reichen.
Das Gehege selbst muss Abwechslung für die Tiere bieten: Sonnen- und Schattenflächen, Klettermöglichkeiten wie Steine oder kleine Baumstümpfe und eine Schutzhütte sind Pflicht. Für letztere eignet sich besonders ein Frühbeet. "Es sollte einen sandigen Boden haben und in einer Ecke mit Heu oder Stroh aufgeschüttet sein, damit sich die Schildkröten darin vergraben können", sagt Pfau.
In der Natur ernähren sich Schildkröten ausschließlich von Pflanzen. Das heißt jedoch nicht, dass sie süße Leckereien oder etwa das oft empfohlene Hundefutter verschmähen. Der hohe Eiweißgehalt etwa im Hundefutter ist aber Gift für die Tiere. "Zu viel Eiweiß kann bei Schildkröten zu einer Panzererweichung und Gicht führen", sagt Astrid Behr vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte in Frankfurt / Main. Stattdessen sollte man Schildkröten ausschließlich mit Heu und Kräutern wie etwa Löwenzahn, Schafgarbe oder Himbeerblättern füttern.
Wird es draußen kälter, bereiten sich die Panzerträger auf ihren Winterschlaf vor, indem sie aufhören zu fressen und sich flach eingraben. Spätestens Anfang November sollten Halter ihre Tiere deshalb in eine Überwinterungskiste setzen. "Sie sollte 15 Zentimeter mit feuchtem Humus, Erde und Sand eingestreut sein", sagt James Brückner. Als Ort zum Überwintern eignet sich ein kühler Kellerraum mit einer konstanten Temperatur von zwei bis neun Grad. Im Frühjahr kann man sein Tier zunächst in einem Innenterrarium bei 15 Grad halten, bis die Außentemperaturen eine Umsiedlung in das Außengehege erlauben.