Belgisches Wurstproblem Ardenner Salami: Wem gehört die belgische Wurst?

Brüssel - Für Paul Peeters ist es eine Grundsatzfrage. Es geht allein um das richtige Rezept. Rind- und Schweinefleisch, „ein bisschen grober gemahlen, sehr stark geräuchert und gut gewürzt“, so umschreibt der Fleischhersteller das Geheimnis der Ardenner Salami. Doch hat Paul Peeters ein Problem. Seine Wurst kommt aus Flandern. Die Ardennen aber gehören in Belgien verwaltungstechnisch zur Region Wallonie. Und die schlägt nun zurück. Die Region will die Salami aus dem Süden von der EU geografisch schützen lassen: So wie Parma Schinken, Feta-Käse und zuletzt auch die Frankfurter Grüne Sauce.
Vor neun Jahren stellten die wallonischen Hersteller der „Saucisson d’Ardenne“ ihren Antrag bei der EU-Kommission. Nun naht der Tag der Entscheidung. Und die Aufregung in Belgien ist groß. Ob aus den Ardennen oder aus Flandern mache keinen Unterschied, sagte Peeters der Zeitung Standaard. Doch die Wallonie hält dagegen. Nicht industriell produziert, mit Fleisch aus naturnahen Betrieben, heißt es aus dem wallonischen Landwirtschaftsministerium. Und schon füllen sich belgische Zeitungen mit Rezepttipps und Hinweisen, manche eine Fleischerei in den Ardennen lässt die Salami drei Wochen abhängen, andere schwören auf die richtige Mischung aus Rindfleisch und Schweinefett. Nur in einem sind sie sich einig: Die Salami muss aus dem Süden kommen.
Belgien liebt das gute Essen
Belgien gilt als Heimstatt des guten Essens. Die nördlichen Nachbarn in den Niederlanden haben wenig zu bieten, für die freudlosen Protestanten gilt am Tisch: Satt werden reicht! Im katholisch-sinnenfreudigen Belgien ist das anders, jede Kneipe kürt ihr Bier des Monats, das Bistro arbeitet mit dem Metzger nebenan, das Land zwischen Ardennen und Nordsee bietet eine bunte Mischung aus Fleisch und Fisch. Und neuerdings auch vegetarischer Küche. Albernen Unsinn wie den von Agrarminister Christian Schmidt über vegane Wurst verstehen sie hier gar nicht. Belgien liebt das gute Essen. Und den Export.
Umso mehr wird im kippeligen Land der Flamen und Wallonen neben den kulinarischen Genüssen auch auf den wirtschaftlichen Faktor geblickt. Bis zu sechshundert Jobs, so berichten belgische Medien, hängen in den Metzgereien der Wallonie an der Ardenner Salami. Deshalb sind sie im Süden auch emsig bestrebt, flämische Wünsche abzuwehren. Die flämischen Hersteller nämlich wünschen eine Übergangszeit, sollte die EU das beliebte Label an die Ardenner Wurst vergeben. Von vier Jahren ist die Rede. Salamitaktik, heißt es in der Wallonie.
Paul Peeters ist aufgebracht. Für ihn steckt nichts regionales in der Ardenner Salami. Die „hat keine spezifischen Ardenner Eigenschaften. Womit befassen wir uns eigentlich: Schützen wir als nächstes die Pizza Hawai?“, fragt er rhetorisch.
Von Feta und Hirtenkäse
Die EU kennt das geschmackliche Problem mit der regionalen Herkunft. Einst ist es rechtlich durchgefochten worden. Der Streit um den Feta-Käse ist 2005 bis vor den Europäischen Gerichtshof gegangen. Der gab den griechischen Herstellern recht. Feta muss aus Griechenland stammen. Die übrigen Hersteller hatten zwar behauptet, der Name stehe längst für Schafskäse aus aller Welt. Doch sie machten einen Fehler. Sie schmückten ihre Verpackungen mit griechischen Fähnchen oder Bergen. Also ist Feta doch was eigenes. Und so liegt neben Feta nun Hirten- oder Schipkakäse in Europas Kühlregalen.
Auch in Flandern sind sie vor Gericht gezogen. Aber die belgische Justiz schützt das Original aus den Ardennen. Letzter Drohung der flämischen Fleischhersteller: „Wir können unsere Würste immer noch Ardenner Salami aus Flandern nennen.“ Hauptsache, es schmeckt.