Alltagsdroge Alltagsdroge: «Khat» zwischen Profit und Kritik

Harar/dpa. - Ihr Ziel ist die Hauptstadt Addis Abeba. Sie haben eseilig, denn sie haben Khat geladen, die uralte Kaudroge des Staatesam Horn von Afrika. Die zarten Blättchen der Pflanze, die eineanregende und euphorische Wirkung haben, müssen frisch zu den Märktengebracht werden - nur dann bringen sie Profit. Denn schon nachwenigen Stunden sind sie vertrocknet und somit wertlos.
«Ich kaue jeden Tag Khat, dann geht es mir immer gut», sagtMulugeta, ein Taxifahrer aus der Stadt Harar. Sein Blick ist leer,während er sich immer neue Blätter in den Mund stopft. Khat ist heutemit einem Anteil von etwa 15 Prozent das zweitwichtigste ExportgutÄthiopiens nach Kaffee. In den vergangenen zehn Jahren sind vieleBauern auf den Anbau der immergrünen Sträucher umgestiegen, nachdemin den 1990er Jahren die Preise für Kaffee eingebrochen waren. NebenÄthiopien sind der Jemen und Somalia die Haupt-Konsumländer derDroge.
In Amerika und Europa ist Khat verboten, nur in Großbritanniensind die Blätter legal. Während vor allem viele Männer dermuslimischen Bevölkerung Äthiopiens auf die Droge schwören, warnenKritiker vor negativen Auswirkungen auf die Arbeitsmoral und dieGesellschaft im allgemeinen. «Die meisten Männer hier haben wegen desdauernden Khat-Kauens überhaupt keine Lust zum Arbeiten», sagtDeregé, ein Lehrer aus dem Ort Babille, eine Autostunde östlich vonHarar. «Die sitzen nur faul rum, während die Frauen die ganze schwereArbeit verrichten.»
In der Region Tigray im Norden Äthiopiens ist Khat bereitsverboten. Nun denken auch Politiker in Addis Abeba über eine ähnlicheMaßnahme nach, wie örtliche Zeitungen kürzlich berichteten. DanielTedros, ein Geschäftsmann aus der Hauptstadt, unterstützt diesePläne: «Noch zu den Zeiten von Kaiser Haile Selassie war Khat-Kauennicht zulässig», sagt er. «Allerdings wusste jeder, an welchenStellen die Droge dennoch verkauft wurde und vor allem die reichenFamilien in Addis Abeba konsumierten Khat trotz des Verbots.»
Heute kann sich fast jeder die berauschenden Blätter leisten. Zweibis drei Dollar (1,50 bis 2,30 Euro) kostet eine große Plastiktütevoll Khat - das reicht aus, um eine Gruppe von fünf bis sechsKonsumenten den ganzen Tag zu versorgen. «In Addis Abeba gibt esmittlerweile an jeder Ecke Khat-Läden. Da hängen tausende junge Leutejeden Tag rum und tun nichts anderes, als sich den Kopf zuzudröhnen»,klagt Tedros.
Die Droge regt den Kreislauf an und wirkt psychisch stimulierend.Khat wächst so schnell wie Unkraut und wird in allen Teilen desLandes angepflanzt - besonders rund um Harar. Denn vom nahe liegendenFlughafen in Dire Dawa werden die bitter schmeckenden Blätter jedenMorgen mit Ethiopian Airlines frisch nach Dschibuti geflogen.Eigentlich ein Riesen-Geschäft für Äthiopien, das zu den ärmstenLänder der Welt zählt - würde es die Konsumenten nur nicht solethargisch machen.