Zustand der Landesstraßen Zustand der Landesstraßen: Verkehrsminister Webel gibt nicht klein bei

Magdeburg - Es wurmt den Verkehrsminister, auch jetzt noch. Fast eine Woche ist es her, dass Thomas Webel harsche Kritik der Grünen einstecken musste. Seine Strategie zur Sanierung von Landesstraßen sei von gestern, rügte Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. Dem Papier fehle ein „Klimacheck“, bemängelte Umweltministerin Claudia Dalbert. Am Ende durfte Webel nicht einmal in die Landespressekonferenz.
Gern hätte er dort „mit breiter Brust“ sein Papier vorgestellt, sagt der Minister am Montag - nun trete er eben „mit etwas schmalerer Brust“ im eigenen Ministerium auf. Eines aber zeigt sich schnell: Nacharbeiten will Webel auf keinen Fall.
Marode Landesstraßen überall in Sachsen-Anhalt
Das 24-seitige Papier, das er vorstellt, befasst sich vor allem mit dem Zustand der Landesstraßen. 4.066 Kilometer gehören dem Land, die Zahl der Autofahrten darauf steigt seit 2015 wieder leicht an und wird laut Prognosen auch weiter wachsen. Besorgniserregend: 42 Prozent der gesamten Straßenlänge sind in „sehr schlechtem“ Zustand, weitere 18,6 Prozent in „schlechtem“ Zustand.
„Vielerorts, vor allem im Süden des Landes, gibt es noch Kopfsteinpflaster“, erklärt Webel. Die Bürger aber hätten ein Recht darauf, Straßen gefahrlos benutzen zu können. Ziel seines Papiers: Bis 2030 sollen alle Straßen in gutem Zustand sein.
Dann aber kam das Stopp-Signal der Grünen. „Im Kabinett war man mit diesem Papier in dieser Form nicht einverstanden“, erklärt Webel. Statt das Papier zu beschließen und so zur gemeinsamen Position der Landesregierung zu machen, habe die Ministerrunde ihn lediglich gebeten, weiterzuarbeiten - „unter Einbeziehung der besprochenen Punkte“, wie Webel den Beschluss zitiert. Dass eine Kabinettsvorlage so ausgebremst wird, ist höchst ungewöhnlich. Strittige Punkte kommen üblicherweise gar nicht auf die Tagesordnung.
Mit den „besprochenen Punkten“, die noch einbezogen werden sollen, sind die Forderungen der Grünen gemeint: weniger Individualverkehr und weniger Ausstoß von Treibhausgasen. Webel kann mit diesem Ansatz nichts anfangen. Die Straßen seien nun einmal kaputt, sagt er - die Sanierung sei einfach nötig. „Die Menschen wollen doch eine Perspektive“, sagt er.
Förderung läuft aus: Den Kommunen fehlt Geld
Tatsächlich hat die schwarz-rot-grüne Koalition seit 2016 bereits umgesteuert. Seit drei Jahren steckt das Land jährlich 85 Millionen Euro in den Erhalt von Landesstraßen und maroden Brücken. Acht Prozent der Summe sind für Radwege vorgesehen - das ist sechsmal so viel wie vorher. Auf 460 Millionen Euro beziffert das Ministerium den Sanierungsstau - mit den aktuell fließenden Mitteln geht es also tatsächlich vorwärts.
Für die beiden nächsten Jahre hat Webel sogar 95 Euro Millionen Euro angemeldet. Ob er das bei Finanzminister Michael Richter (CDU) durchbekommt, ist offen. Die Ausgaben im Sozialbereich, klagt Webel, würden von 2016 bis 2021 um gewaltige 500 Millionen Euro wachsen. Für Investitionen in den Erhalt der Infrastruktur, soll das heißen, müsse doch aber auch etwas übrig sein.
Und es gibt noch ein Problem: Derzeit bekommen die Kommunen mit den sogenannten Entflechtungsmitteln des Bundes Zuschüsse für ihre eigenen Straßen, jährlich 31 Millionen Euro. Allerdings läuft die Förderung zum Jahresende aus. Aus Webels Sicht muss das Land einspringen. „Wir brauchen ein Anschlussgesetz“, fordert der Minister. Ihm schweben 80 Millionen Euro vor. (mz)