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Nach Insolvenz Antragsstellung Überraschende Angebote für Mitarbeiter von Boryszew

Die Insolvenz von VW-Zulieferer Boryszew in Gardelegen ruft andere, erfolgreiche Firmen wie Eldisy und SLM auf den Plan. Was die jetzt vorhaben und wo Boryszew die Gründe für die Pleite sieht...

Von Stefanie Herrmann 05.03.2025, 16:32
Bei der SLM Kunststofftechnik GmbH (Foto) in Oebisfelde würde man sich über neue Mitarbeiter aus Gardelegen freuen.
Bei der SLM Kunststofftechnik GmbH (Foto) in Oebisfelde würde man sich über neue Mitarbeiter aus Gardelegen freuen. Foto: SLM Kunststofftechnik GmbH

Gardelegen/Oebisfelde. - Wenn sich eine Tür zu schließen droht, öffnet sich immer irgendwo eine andere. Nur wenige Stunden nach dem Öffentlich-Werden der Insolvenzantragsstellung der Boryszew Kunststofftechnik Deutschland GmbH (BKD) ergaben sich für deren Mitarbeiter jedenfalls schon ganz neue Möglichkeiten. Angst vor Arbeitslosigkeit? Müssen wohl die wenigsten haben.

Das Werk beschäftigt derzeit 384 Mitarbeiter – und auf die haben andere Firmen jetzt ein Auge geworfen. Offensichtlich schätzen sie die Lage als besser ein, oder haben einfach besser gewirtschaftet?

Andere Automobil-Zulieferer wie Eldisy und SLM Kunststofftechnik suchen dringend Mitarbeiter

Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Firmeninsolvenz meldeten sich bei der Volksstimme gleich zwei Automobil-Zulieferer aus der Region, die liebend gern neue Mitarbeiter einstellen würden.

„Ich habe mich gemeldet, weil ich denke, es wäre jetzt doch mal an der Zeit, ein positives Zeichen zu setzen – für Gardelegen und für unsere Industrie – nachdem bekannt wurde, dass NTN Stellen abbaut und BKD Insolvenz angemeldet hat“, betont der Geschäftsführer der Eldisy GmbH aus Gardelegen, Elmar Stoffel und: „Wir können sagen: Bei uns ist es genau anders rum.“

Das sagen die Boryszew-Mitarbeiter:Insolvenz von VW-Autozulieferer Boryszew: Angst vor Kündigung

Eldisy, derzeit mit rund 250 Mitarbeitern ebenfalls ein sehr großer Arbeitgeber in Gardelegen, habe seine Produktion gerade erst erweitert. Nun suche man mindestens 30 Produktionsmitarbeiter und auch solche für leitende Positionen, die zurzeit nur schwer auf dem Arbeitsmarkt zu finden seien.

Das sei für die betroffenen BKD-Mitarbeiter ja auch eine wichtige Information, findet er, „denn wenn BKD wirklich komplett die Tore schließt, dann wäre das ja eigentlich eine Katastrophe für die Region und für die Menschen.“

Wenn BKD wirklich komplett die Tore schließt, dann wäre das eine Katastrophe für die Region und für die Menschen.

Elmar Stoffel, Eldisy GmbH Gardelegen

Eldisy beschäftige weit über 60 Zeitarbeiter und würde „liebend gern die Leute fest einstellen.“ So leid es ihm für BKD tue, „für uns ist das vielleicht positiv. Wir könnten jede Menge Leute auffangen und sind froh über jede Bewerbung, die von dort zu uns rüber kommt.“ Er werde deshalb versuchen, mit dem Insolvenzverwalter und Geschäftsführer Kontakt aufzunehmen, um Gespräche zu führen.

Ein weiteres Angebot kommt bereits von der SLM Kunststofftechnik GmbH aus Oebisfelde.

Martina Olech ist im Unternehmen die Ansprechpartnerin, wenn es um Bewerberprozesse und Einstellungen geht. Und auch sie sagt: „Wir würden uns über neue Mitarbeiter aus Gardelegen sehr freuen.“ Produktionsmitarbeiter, Materialvorbereiter, Einrichter/Kunststoffformgeber, Kunststoff- und Kautschuk Technologen, Gabelstaplerfahrer und Industriemechaniker würden gesucht.

Martina Olech, Personalmanagement SLM Kunststofftechnik GmbH
Martina Olech, Personalmanagement SLM Kunststofftechnik GmbH
Foto: SLM Kunststofftechnik GmbH

Polnische Boryszew-Mitarbeiter auch in Oebisfelde bei SLM willkommen

„Uns gibt es seit 27 Jahren, und wir wachsen stetig“, so Olech, die berichtet, gerade erst habe man in eine neue Halle investiert. Von den derzeit 280 Mitarbeitern kämen bereits jetzt viele aus Gardelegen, zumal der Standort mit der Bahn sehr gut erreichbar sei.

Es gebe auch schon viele polnische Mitarbeiter. Und sie selbst spreche ebenfalls die Sprache fließend. „Also brauchen sich die polnischen Mitarbeiter keine Sorgen zu machen, wenn es um den Einstellungsprozess geht“, sagt sie.

Gründe für die Insolvenz: Hohe Fixkosten bei Löhnen, Energie und Rohstoffen

Deutlich pessimistischer sieht man die Lage im gefährdeten Werk der Boryszew AG. Auf Volksstimme-Anfrage erklärte Anna Janocha, Press Office der Boryszew S.A. aus Polen die Gründe für den Antrag auf Insolvenz. Die Entscheidung sei durch die sich verschlechternde Situation hinsichtlich der Erfüllung bestehender Verträge beeinflusst worden. Einschließlich eines Rückgangs der Auftragsvolumen, was zu einem erheblichen Umsatzrückgang und einem Rückgang neuer Aufträge von wichtigen Kunden führte.

Schon in der Vergangenheit gab es Kritik an BKD:Automobil-Zulieferer: Boryszew-Vorstand nimmt Stellung zu Vorwürfen aus Gardelegen

Ein weiterer negativer Faktor seien die hohen Fixkosten gewesen, insbesondere für Löhne, Energie und Rohstoffe.

Boryszew sieht keine Aussicht auf Selbstfinanzierung von BKD

„Basierend auf Analysen lassen diese Faktoren weder eine Mindestprofitabilität zu, die für den Fortbestand erforderlich ist, noch bieten sie eine realistische Aussicht auf eine Selbstfinanzierung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens“, so die sehr negativ klingende Einschätzung aus Polen.

Trotz der Insolvenz werde die Produktion fortgesetzt, betont Anna Janocha. Noch. Ob die Mitarbeiter dem Unternehmen die Treue halten, ist allerdings ungewiss.