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Solarzellen-Produktion Meyer Burger stoppt Ausbau in Bitterfeld-Wolfen: Solarwerk wird in den USA gebaut

Meyer Burger wollte Solarzellen-Produktion in Bitterfeld-Wolfen um zwei Gigawatt erweitern. Das findet nun in den USA statt. Welche Gründe das hat.

Von Steffen Höhne Aktualisiert: 24.07.2023, 14:41
Meyer Burger fertig in Bitterfeld-Wolfen Solarzellen. Der Ausbau des Werks wurde jetzt gestoppt.
Meyer Burger fertig in Bitterfeld-Wolfen Solarzellen. Der Ausbau des Werks wurde jetzt gestoppt. Foto: Meyer Burger

Bitterfeld-Wolfen/MZ - Das Schweizer Unternehmen Meyer Burger stoppt vorerst den Ausbau des Solarzellen-Werkes in Bitterfeld-Wolfen. Die geplante Produktionskapazität werde stattdessen in den USA aufgebaut, kündigte Unternehmenschef Gunter Erfurt am Montag an.

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Meyer Burger möchte Solarzellen-Werk in Colorado Springs in den USA errichten

Mitte Juni hat der Chef des Solarzellen-Herstellers Meyer Burger, Gunter Erfurt, einen Brandbrief an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geschrieben. Er drohte „Projekte für weitere Solarfertigung in Deutschland zunächst abzubrechen und diese Projekte stattdessen in die USA zu verlagern“. Der Grund: In Europa seien die Förderbedingungen zu schlecht – beziehungsweise in den USA sehr viel besser.

Nun lässt Erfurt den Worten Taten folgen: Am Montag verkündete der Unternehmenschef, dass der Ausbau des Solarzellen-Werkes in Bitterfeld-Wolfen „vorerst gestoppt wird“. Stattdessen baut das Schweizer Unternehmen eine Produktion in den USA auf.

Nach Erfurts Angaben hat Meyer Burger eine ehemalige Halbleiterfabrik in Colorado Springs im US-Bundesstaat Colorado gemietet. Dort soll bis Ende 2024 eine Solarzellen-Produktion in Höhe von zunächst zwei Gigawatt errichtet werden. Die Zellen würden dann im Werk in Goodyear (Arizona) zu Modulen verarbeitet, die auf Dächern oder Freiflächenanlagen installiert werden.

Höhere Subventionen für Meyer Burger in den USA

Erfurt begründet die Investition mit den hohen Subventionen in den USA. Er spricht von einer förderfähigen Summe bis Ende 2032 von 1,4 Milliarden US-Dollar. So erhält Meyer Burger unter anderem Steuergutschriften, die Stadt Colorado Springs und der Bundesstaat zahlen 90 Millionen Euro etwa als Energiekostenzuschuss.

Zudem werden US-Bürgern Zuschüsse gezahlt, wenn sie Solarmodule aus heimischer Produktion kaufen. „Die USA wollen mit aller Gewalt die Solarindustrie zurückgewinnen“, sagt Erfurt. Aktuell würden 95 Prozent der Solarzellen in China produziert.

Ausbau von Solarzellen-Produktion in Bitterfeld-Wolfen gestoppt

Die Maschinen zur Herstellung der Solarzellen fertigt Meyer Burger im sächsischen Werk in Hohenstein-Ernstthal selbst. Ursprünglich war vorgesehen, die Produktion am Standort in Bitterfeld-Wolfen um zwei Gigawatt auszubauen und die Solarzellen in die USA zu liefern.

Das ist vom Tisch – die Maschinen werden in den USA aufgebaut.
Meyer-Burger-Chef Erfurt betont jedoch, dass die bestehende Produktion am mitteldeutschen Standort, die auf 1,4 Gigawatt noch hochgefahren werden soll, nicht berührt ist. Im Werk sind aktuell 350 Mitarbeiter tätig.

Lesen Sie dazu: Ausbau von Solarwerk in Bitterfeld gefährdet: Meyer Burger droht mit Abwanderung

Die Ankündigung, sich vorerst auf den Ausbau in den USA zu konzentrieren, überrascht dennoch. Denn erst vor zehn Tagen gab die EU bekannt, Meyer Burger im Rahmen des „Europäischen Innovation Fund“ mit 200 Millionen Euro zu fördern. Mit dem Geld will das Unternehmen die Produktion in Deutschland ausbauen. Einen Zeitpunkt dafür wollte Erfurt am Montag dafür aber nicht nennen.

Zudem kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zuletzt an, die Solar-Industrie in Deutschland umfassend unterstützen zu wollen.

Meyer Burger will mehr EU-Fördergelder

Die Pläne für eine Expansion in Bitterfeld-Wolfen liegen laut Erfurt vor. Das Unternehmen hat sich bestehende freie Produktionshallen und Flächen für Neubauten am Standort gesichert. Erfurt spricht von einer Produktionskapazität von 15 Gigawatt. Dadurch würden tausende Arbeitsplätze entstehen.

Umsetzbar ist das nach Meinung von Erfurt jedoch nur, wenn die EU und Deutschland Hersteller wie Meyer Burger massiv fördern oder der Marktzugang von chinesischen Produzenten etwa durch Zölle erschwert wird.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) sagte zuletzt der MZ: Es sei wichtig, dass Solarfirmen in Deutschland ähnliche Wettbewerbsbedingungen hätten wie in den USA. „Ansonsten wird es schwer, die Industrie hier zu halten.“ Schulze fordert die Bundesregierung auf, zu handeln.

Solarzellen-Produktion: Meyer Burger macht in Europa Verluste

Aktuell verdient Meyer Burger in Europa kein Geld. Im ersten Halbjahr hat das Unternehmen lediglich Solarzellen mit einer Gesamtleistung von 300 Megawatt produziert und dabei einen Verlust (Ebitda) von etwa 43,7 Millionen Euro eingefahren.

Erfurt macht dafür einen Preiskampf mit chinesischen Herstellern verantwortlich. So hätte auch Meyer Burger die Preise senken müssen. Auch der Absatz fiel nicht so hoch wie geplant aus.

Laut Erfurt wird in der Branche geschätzt, dass allein in Europa Solarmodule mit einer Leistung von 40 Gigawatt in den Lagern der Händler liegen, die bisher noch nicht verkauft worden. „Es gibt massive Überkapazitäten im Markt“, so Erfurt. Wohl auch deswegen vertagt Meyer Burger seine Investitionsentscheidungen in Bitterfeld-Wolfen.