Wetterdienst Leipzig Wetterdienst Leipzig: Nur die örtlichen Schauer machen Probleme
Leipzig/MZ. - Ein schmales Regenband bewegt sich von Westen auf Sachsen-Anhalt zu. Reinhard Kohlmann blickt auf seinen Bildschirm und runzelt die Stirn. "Das war so nicht erwartet. Kein Computermodell hat das vorhergesehen." Er schreibt eine Wetterwarnung für bestimmte Landkreise. "Es soll nicht erst gewarnt werden, wenn es schon passiert." Sekunden später steht sie auch im Internet. Der Diplom-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Leipzig hat seine Pflicht getan. Der Schauer kann kommen.
Bei den "Wetterfröschen" geht es gemächlich zu in diesen Wochen. "Hektik bricht aus bei Gewitterfronten oder wenn unser Gebiet streuselkuchenartig bedeckt ist." Doch jetzt ist die Großwetterlage stabil, das Hoch "Michaela" rührt sich nicht vom Fleck. "Bei der Hitze, die Anderen zu schaffen macht, ist für uns alles Paletti", strahlt der 53-Jährige im klimatisierten Büro.
Von den Wänden hängen Wetterkarten, lange Streifen mit Prognosen und einzelne Blätter. Doch nichts wird mehr im Kopf gerechnet, nichts von Hand gezeichnet.
"Die Prognosen erstellt alle der Computer. Der Mix an Wettermodellen ist oft so gut, dass der Mensch nur noch verschlimmbessert. Trotzdem braucht man uns, damit wir manches Modell wieder in die richtige Bahn lenken." Auch die Wetterberichte verschickt der Computer automatisch, wenn sich draußen nichts verändert. "Wir sind angehalten, so oft wie möglich zu aktualisieren." Aber wenn sich das Wetter eben nicht ändert...
Seit 1950 werden in der unscheinbaren Villa im Südosten Leipzigs die Vorhersagen für Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen getroffen. Versteckt hinter Bäumen verrät lediglich eine rot-weiße Radarkugel auf dem Dach und eine strahlenförmige Antenne am Boden die besondere Lokalität. Es ist eine von sechs Regionalzentralen in Deutschland. Mit Hauptsitz in Offenbach untersteht der Wetterdienst dem Bundesverkehrsministerium. "Wir sind steuerfinanziert aber per Gesetz auch zu Einnahmen verpflichtet", erklärt Reinhard Kohlmann die rechtliche Situation.
Etwa 350 Kunden zahlen derzeit für gutes Wetter Geld an die Leipziger. Die Meteorologen versorgen sie im Gegenzug mit allen möglichen Messdaten. Im Verteiler stehen unter anderem Universitäten, private Wetterdienste, Medien, Baufirmen. Auch Open-Air-Veranstalter wie die Freilichtbühne Rathen wollen wissen, wie das Wetter wird. Dafür sind tagsüber zwei Meteorologen für die Vorhersage zuständig: Einer für den Basisdienst, einer für die Öffentlichkeitsarbeit. Von sechs bis 18 Uhr sitzt Kohlmann heute im 25 Grad Celsius kühlen Büro. "Nach zwölf Stunden weiß man, was man gemacht hat."
Das unerwartete Schauerband zieht über das südliche Sachsen-Anhalt und Mittelthüringen hinweg. Der Radarfilm, der auf einem der 14 Bildschirme flimmert, zeigt Kohlmann gelbe Flecke mit teils violetten Einfärbungen. "Hier könnte es vielleicht etwas Niederschlag geben. Das Problem sind aber gerade die lokalen Prognosen. Je genauer, desto schwieriger."
Relativ leicht ist der Blick auf die kommende Woche: "Flächendeckender Regen ist nicht in Sicht." Und wenn er die Monate Juni bis August zusammenfasst, wird es "der heißeste Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnung vor 150 Jahren". Ein gewisser Trend scheine sich zu bestätigen, so der Wettermann, der zehn Jahre im Amt für Meteorologie, Abteilung Klimatologie, in Halle tätig war. "Die warmen Sommer häufen sich."
Das Schauerband hat sich nach Ostthüringen und ins Vogtland verzogen. Zur Kontrolle seiner Wetterwarnung schaut Kohlmann, was die Regenwolken in den Gebieten hinterlassen haben: "0,1 Millimeter. Das ist der berühmte Tropfen auf den heißen Stein."