Thüringen Thüringen: Minister Machnig wechselt nach Berlin

Hamburg/Erfurt/AFP/dpa - Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) tritt zurück. Anfang Dezember werde er die Koordinierung des Europawahlkampfes der SPD in Berlin übernehmen, sagte Machnig am Montag in Erfurt auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Mit Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sei vereinbart worden, dass er am Freitag die Entlassungsurkunde erhalte. Als Nachfolger wird in Teilen der SPD Fraktionschef Uwe Höhn gehandelt.
Eine offizielle Bestätigung für Höhn gab es von der SPD-Spitze nicht. SPD-Landeschef Christoph Matschie kündigte lediglich an, noch in dieser Woche einen Nachfolger für das Wirtschaftsministerium zu präsentieren. Namen nannte er aber nicht. Möglicherweise könnte Machnigs Nachfolger bereits an diesem Dienstag benannt werden, hieß es in der Thüringer SPD. Der aus Südthüringen stammende 55-jährige Höhn gehört dem Landtag seit 1999 an. Zuvor war er SPD-Landesgeschäftsführer.
Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdacht
Machnig galt lange Zeit als potenzieller Spitzenkandidat der Thüringer SPD für die Landtagswahl im kommenden Jahr, geriet dann aber wegen doppelt kassierter Bezüge von Bund und Land in die Kritik. Gegen den 53-Jährigen läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts. Aus seiner Zeit als Staatssekretär im Bundesumweltministerium seit 2009 hatte er laut einer Prüfung des Finanzministeriums Versorgungsbezüge in Höhe von rund 150 000 Euro erhalten, die nicht mit seinen Minister-Einkünften verrechnet wurden.
Vieles von dem, was geschrieben worden sei, habe mit der Wahrheit nichts zu tun gehabt, sagte Machnig am Montag. Der Wechsel ins Willy-Brandt-Haus nach Berlin könne „auch zur Versachlichung der Diskussion“ beitragen.
Machnig zufolge hatten SPD-Chef Sigmar Gabriel und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz ihn gebeten, den Job für die Europawahl im Mai zu übernehmen. Es bestehe die Chance, dass mit Schulz „als Spitzenkandidat ein Deutscher Präsident der EU-Kommission“ werde. Im Team von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück war Machnig vor der Bundestagswahl für die Energiepolitik zuständig.
Druck war enorm
Seinen Weggang aus Thüringen bedauerte Machnig. Ihm habe die Aufgabe als Wirtschaftsminister immer viel Freude gemacht. Nicht immer habe er sich ausreichend von seinen Parteifreunden in der SPD unterstützt gefühlt. „Es ist wie immer im Leben. Manche haben das nicht getan“, betonte Machnig. Er sei aber nun mit sich im Reinen, fügte er hinzu.
Zugleich ließ er durchblicken, dass der Druck wohl enorm war und er sich auch von eigenen Parteifreunden ungerechtfertigt behandelt fühlte. Ob darunter auch die Kabinettskollegen Matschie und Sozialministerin Heike Taubert sind, wollte Machnig nicht sagen. „Jeder kann sich angesprochen fühlen, wenn er möchte.“
Kultusminister und SPD-Landeschef Matschie würdigte die Arbeit von Machnig. Der Europawahlkampf sei für die SPD sehr wichtig, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Trotz des Rücktritts sei die schwarz-rote Regierung aber nicht in der Krise. Es sei der erste Personalwechsel der SPD. Dies könne man von der CDU nicht sagen. Die Sozialdemokraten seien damit ein sehr stabiler Partner.
Auch Ministerpräsidentin Lieberknecht lobte Machnigs Verdienste für Thüringen. „Ich habe Matthias Machnig als ebenso streitbaren wie zu Kompromissen fähigen Politiker erlebt“, betonte sie. CDU-Fraktionschef Mike Mohring nannte es „fast schon tragisch“, da von ihm vor allem die Doppelbezügeaffäre bleiben werde.
Die Thüringer Linke forderte hingegen umgehend Neuwahlen. Mit dem Wechsel „wird der Zerfallsprozess der Landesregierung jetzt auch personell sichtbar“, sagte Fraktionschef Bodo Ramelow. Mit Machnig gehe das „letzte bisschen Profil“. Und Grünen-Landessprecher Dieter Lauinger sagte, die Landesregierung sei nicht nur inhaltlich, sondern auch personell am Ende. Der wirtschaftspolitische FDP-Fraktionssprecher Thomas Kemmerich warf Machnig vor, „sein Heil in der Flucht“ zu suchen.