Glücksspiel-Einrichtungen droht Ärger Spielhallen in Sachsen-Anhalt vor dem Aus

Magdeburg - Ein großer Teil der Spielhallen in Sachsen-Anhalt droht in die Illegalität abzurutschen. Grund ist eine Verschärfung des Landesrechts, die ab Juli Sanktionen möglich macht. Ab dann gelten strengere Regeln für alle Spielhallen-Betreiber. So streng, dass nach Zahlen der Landesregierung rund ein Drittel der Etablissements ab Juli gegen geltendes Recht verstoßen würde.
Dabei geht es um zwei Regelungen des Spielhallen-Gesetzes: Zum einen gelten künftig für alle Spielhallen 200-Meter-Mindestabstände zu Kinder- und Jugendeinrichtungen. Zum anderen sind ab Juli sogenannte Mehrfachkonzessionen verboten. Das bedeutet, dass Betreiber künftig nicht mehr einzelne Räume der selben Lokalität als abgetrennte Spielhallen deklarieren dürfen. Auf diese Weise schaffen es Unternehmer bis heute, die zugelassene Höchstanzahl von Spielautomaten nach oben zu treiben.
Rüdiger Erben, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD im Landtag, sieht die Landesregierung in der Pflicht, „die neuen Regeln ab Juli streng umzusetzen“. Zur Bekämpfung der Spielsucht müssten notfalls auch Läden geschlossen werden, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen. 2012 hatte sich der Landtag auf die neuen Regeln geeinigt, nach einer Übergangszeit sind sie ab Juli sanktionierbar.
Dabei geht es um die Bekämpfung von Spielsucht. Rund 15.000 Betroffene gibt es in Sachsen-Anhalt, schätzt Annett Hausdorf, Suchttherapeutin der Awo in Halle. Etwa drei Viertel aller Spielsüchtigen seien an den Automaten zu finden. „Aus Sicht der Betroffenen ist es wichtig, der schillernden Glücksspiel-Branche etwas entgegenzusetzen“, sagte Hausdorf. Sie befürwortet die strengeren Regeln.
96 Spielhallen zu dicht an Kindereinrichtungen gebaut
Wie viele Spielhallen nicht mit den neuen Regeln konform gehen, deckte SPD-Innenexperte Erben mit einer Parlamentsanfrage an die Landesregierung auf. Von 355 Spielhallen in Sachsen-Anhalt sind demnach 96 zu dicht an Kindereinrichtungen gebaut. Zudem würden 32 Casinos das Verbot der Mehrfachkonzessionen verletzten.
Sollte das bis Juli so bleiben, müssten die Behörden tätig werden, so Erben. „Notfalls muss das dann vor Gericht ausgetragen werden.“ Nach den vorgelegten Zahlen aus dem Wirtschaftsministerium präsentierte sich die Glücksspielbranche zuletzt robust. Die Gesamtzahl der Spielhallen im Land sank seit 2011 minimal von 362 auf 355 – und die Zahl derer, die gegen die neuen Regeln verstießen, blieb seit 2011 konstant.
Das Wirtschaftsministerium droht in diesen Fällen künftig mit dem Entzug der Genehmigung. Das Ressort stehe bereits mit dem Landesverwaltungsamt in Kontakt, das die Landkreise und kreisfreien Städten unterstütze. Diese sind für die Durchsetzung der Regeln zuständig. Einen Mechanismus, nach dem alle problematischen Casinos ab Juli automatisch schließen, gibt es aber nicht. Kreise und Städte werden nicht um Einzelprüfungen herum kommen. Vergleichbar ist die Praxis derzeit bei umstrittenen Spätshops und Sportwetten-Läden.
Aus der Glücksspiel-Branche kommt harte Kritik. Thomas Breitkopf, Vorsitzender des Verbands der Automatenkaufleute, rechnet ab dem Sommer mit zahlreichen Schließungen. Die Existenz vieler Betreiber sei bedroht, zahlreiche Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Rund 2.000 Menschen seien in Sachsen-Anhalt in der Branche tätig. Schließungen würden letztlich illegale Glücksspiele im Internet stärken. (mz)