Schloss Merseburg Schloss Merseburg: Reges Bauen am Schlossberg
Merseburg/MZ. - Das Leben ist manchmal ungerecht. Am Merseburger Schloss zum Beispiel sitzt ein Rabe hinter Gittern, nur weil sein Ururahne in grauer Vorzeit einen Ring gestohlen haben soll. Zum Glück trägt das im Zoo geschlüpfte Tier sein Schicksal mit bemerkenswerter Gelassenheit. Als Tierschützer nächtens ein Loch in das Geflecht der neobarocken Voliere geschnitten hatten, ignorierte er das völlig. Der Rabe gehört ebenso zum Merseburger Schloss wie seine Türme und der Dom.
Die Anlage präsentiert sich in gepflegtem Zustand. Wenn Besucher vom Hof des Vorschlosses durch den meterdicken Torbogen in den Innenhof treten, verharren viele unwillkürlich: Welch imposanter Eindruck. An der Südseite der Dom, der von hier eher schlicht wirkt. Der Ostflügel wurde im Krieg zerstört und originalgetreu wieder aufgebaut. Am Nordflügel beeindrucken der Renaissance-Erker und das Hauptportal mit den Figuren des Laurentius und Johannes. Im hinteren Innenhof steht der 1605 errichtete Neptunbrunnen.
Dass der größte Teil der Räume im Schloss seit Jahrzehnten als Museum und Verwaltungssitz dient, heute ist hier das Landratsamt untergebracht, erwies sich letztlich als Segen: So wurde das Bauwerk, wenn auch mal mehr, mal weniger, immer instand gehalten - in den letzten acht Jahren sogar mit beachtlichen Mitteln. Rund drei Millionen Euro stecken allein in den sanierten Dachgeschossen im West- und Nordflügel, Umbauten im Museum kosteten rund 1,6 Millionen Euro. Seit 2004 gibt es ein gemeinsames Besucherzentrum für Dom und Museum, in dem auch Führungen angeboten werden.
Neue Ausstellung
Obwohl nur sehr wenige originale Ausstattungsstücke aus dem Schloss existieren, wird dessen Geschichte eindrucksvoll nacherlebbar. Dazu wird auch eine neue Dauerausstellung mit Exponaten aus der Sonderschau "Zwischen Kathedrale und Welt" anlässlich des Jubiläums 1 000 Jahre Wiederbegründung des Bistums Merseburg im Vorjahr beitragen. Schon im Mittelalter befand sich in Merseburg eine der bedeutendsten Königspfalzen. Besonders Heinrich II. hielt sich häufig hier auf. Nach seiner Krönung 1002 nahm er auf dem Schlossberg die Huldigungen entgegen und stellte 1004 das Bistum wieder her. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Urkunden und kostbare Handschriften, die heute im Museum zu sehen sind. Im Skriptorium, dem Nachbau einer mittelalterlichen Schreibstube, können sich Besucher sogar selbst in der karolingischen Minuskelschrift üben - wie anno dazumal mit Federkiel und schwarzer Tinte.
Mitte des 13. Jahrhunderts errichteten die Merseburger Bischöfe auf dem Schlossberg ihre Residenz, daraus erwuchsen Dom und Schloss. Beide Bauwerke sind im Laufe der Jahrhunderte häufig umgebaut worden. Eine besonders rege Bautätigkeit entfaltete Thilo von Trotha, der 1466 zum Bischof gewählt wurde, in seinen fast 50 Herrschaftsjahren. Er ließ das alte Schloss niederreißen und errichtete einen spätgotischen Neubau. Nach der Reformation hinterließen Baumeister der Renaissance ihre Handschriften am Schloss. Einige wurden erst jüngst entdeckt und Besuchern zugänglich gemacht, darunter ein Raum im Nordflügel mit einer bemalten Holzdecke.
Sitz der Provinz Sachsen
In den letzten Jahren bemühte sich das Museum erfolgreich um weitere Exponate zur Schlossgeschichte. Eine Sternstunde war der Erwerb eines barocken Münz- und Medaillenkabinetts aus der Herzogszeit, die mit Christian I., 1656 erster Herzog von Sachsen-Merseburg, begann. Mit dem Tode Herzog Heinrichs 1738 starb die Linie aus. Nach 1815 war das Schloss Sitz der preußischen Provinz Sachsen.
Öffnungszeiten des Museums: April-Sept.: Di-So 9-18 Uhr; Okt.-März: Di-So 9-17 Uhr; Schlossführungen jeweils sonn- und feiertags ab 14 Uhr