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Wirtschaft Wirschaft in Könnern: Aldi hüllt sich in Schweigen

Von Frauke Holz 18.01.2017, 08:45
Nach 20 Jahren war Schluss: Aldi machte sein Logistikzentrum im Könneraner Gewerbegebiet Nord zum Jahresende 2017 dicht. Jetzt zieht hier das Handelsportal „Relaxdays“ ein.
Nach 20 Jahren war Schluss: Aldi machte sein Logistikzentrum im Könneraner Gewerbegebiet Nord zum Jahresende 2017 dicht. Jetzt zieht hier das Handelsportal „Relaxdays“ ein. Archiv/Engelbert Pülicher

Könnern - 20 Jahre nachdem der erste mit Waren voll beladene Lastzug vom Hof des Aldi-Logistikzentrums in Könnern gerollt ist, steht der Standort des Lebensmittelkonzerns vor dem Aus. Am Donnerstagnachmittag verbreitete der Discounter die Hiobsbotschaft an die Medien. Seitdem hüllt sich das Unternehmen in Schweigen.

Nachfragen der MZ, sowohl per Telefon als auch E-Mail, blieben bislang unbeantwortet - und geben somit Raum für Spekulationen.

Unternehmen lässt viele Fragen offen

Was geschieht mit den Beschäftigten aus den Bereichen Verwaltung und Logistik, wenn die Regionalgesellschaft zum Jahresende 2017 dichtgemacht wird? Wie viele Mitarbeiter sind überhaupt von der Schließung betroffen? Diese Angabe verschweigt Aldi Nord in seiner Mitteilung.

Ebenso bleibt das Unternehmen die Antwort schuldig, ob die Mitarbeiter an anderen Standorten unterkommen. Infrage dafür kämen sicherlich Barleben (Börde) nahe Magdeburg und Beucha bei Leipzig, wo sich weitere Logistikzentren von Aldi Nord befinden.

Doch wie viele der Angestellten tatsächlich innerhalb des Unternehmens ihren Job behalten können, geht nicht eindeutig aus der Meldung hervor. Stattdessen verstrickt sich der Discounter in Widersprüche.

Heißt es anfangs noch „nahezu alle“ Beschäftigten würden ihren Arbeitsplatz behalten, ist zwei Absätze weiter lediglich von „einigen“ die Rede, die in benachbarten Regionalgesellschaften unterkommen können.

Neuordnung der Logistik und radikaler Schnitt

Fakt ist jedoch, dass das Unternehmen die Logistik im südlichen Teil Ostdeutschlands neuordnen und im Zuge dessen zwei der zehn Regionalgesellschaften schließen will. Neben Könnern fällt diesem Schritt auch Hoyerswerda (Sachsen) zum Opfer. Sehr zum Unmut hiesiger Politiker, allen voran von der Linken.

So haben die Landtagsabgeordneten Christina Buchheim und Birke Bull-Bischoff sowie der Bundestagsabgeordnete Jan Korte die Nachricht von Aldi Nord „mit Befremden zur Kenntnis genommen“. Im Interesse einer höheren Rendite würden die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren und in eine sozial sehr schwierige Situation gestürzt

Beruflichen Alternativen sind kaum vorhanden

„In der strukturschwachen Region gibt es kaum berufliche Alternativen. Aldi hat auch eine Verantwortung für die Region“, meinen die Politiker und fordern Aldi auf, „die Entscheidung zu überdenken“. Sollte die Schließung des Zentrums nicht zurückgenommen werden, müsse eine akzeptable Lösung für alle gefunden werden. „Hier sehen wir den Konzern in der Pflicht“, mahnen sie.

Fraglich ist zudem, was dann mit dem Gebäude, in das damals 40 Millionen Mark investiert wurden, geschieht. Vermutungen, Aldi habe für den Bau im Jahr 1996 Fördermittel vom Land Sachsen-Anhalt erhalten, haben sich nicht bestätigt.

Könners Bürgermeister setzt auf Hilfe des Landes

Dennoch setzt Könnerns Bürgermeister Mario Braumann (parteilos) nun auf die Hilfe des Landes. „Wir erhoffen uns Unterstützung, wenn Aldi wirklich Ende des Jahres wegzieht“, sagt er.

In einem ersten Schritt hat er Wirtschaftsminister Armin Willingmann nach Könnern eingeladen. Bei dem Vor-Ort-Termin will Braumann dem Minister die Stadt zeigen, die immerhin als überregional bedeutender Industriestandort eingeordnet wurde - und zugleich zu den sechs größten in Sachsen-Anhalt zählt. Dieser Rang wurde der Stadt im Landesentwicklungsplan zugesprochen und diesen will sie auch behalten - egal ob mit oder ohne Aldi.

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Rund 40 Millionen Mark hat Aldi Nord in das neue Logistikzentrum an der Nordspange in Könnern seinerzeit investiert. Mit den Gründungs- und Erschließungsarbeiten war im Oktober 1995 begonnen worden. Die Eröffnung erfolgte im Januar 1997.

Allein die Hallenfläche umfasst fast 24.000 Quadratmeter, davon 1.600 Quadratmeter Kühlraum für leicht verderbliche Lebensmittel. Aus 49 „Boxen“ starten die Lastzüge in alle Richtungen in das Versorgungsgebiet, das von Dessau, Halle und Bernburg bis zum Ostharz reicht.

In der eigenen Werkstatt werden die 18 Meter langen Lastzüge gewartet und repariert. Waschanlage und Tankstelle sind ebenso integriert wie eine Müll- und Ballenpresse für die Entsorgung der Verpackungen. Ein Bürogebäude vervollständigt neben 300 Parkplätzen das Objekt. (mz)