Tonloch in Beesenlaublingen Tonloch in Beesenlaublingen: Das Echo ist verhallt

Beesenlaublingen - Die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel, kein Lüftchen geht, keine Bewegung ist in dem Tonloch auszumachen. Doch es ist eine trügerische Ruhe, die sich an diesem Vormittag am Ortsrand von Beesenlaublingen ausbreitet. Denn so idyllisch, wie es scheint, ist es nicht.
Seit den frühen Morgenstunden sind drei Mitglieder der Ortsgruppe Beesenlaublingen des Angelvereins Bernburg auf dem offiziell als Angelgewässer ausgewiesenen See unterwegs; nicht etwa darauf aus, einen guten Fang zu machen. Ganz im Gegenteil. Die Fische, die ihnen ins Netz gehen, sind tot. Wie viele es sind? Sie haben mit dem Zählen aufgehört, meint Matthias Gorywoda vom Vorstand der Ortsgruppe.
Etliche hundert Fische werden es allerdings wohl schon gewesen sein, die bei den insgesamt zehn freiwilligen Helfern seit Montag im Kescher gelandet sind. Zweimal täglich fahren sie raus, um die vom Boden an die Wasseroberfläche aufgestiegenen Kadaver abzufischen.
Verwesungsgeruch steigt in die Nase
Die Ausbeute des Morgens: zwei prall gefüllte Eimer. Unzählige Schmeißfliegen kreisen bereits darum; ein Geruch von Verwesung steigt in die Nase. Dicke Karpfen und lange Aale - im Schnitt mehrere Jahre alt - sind zu sehen. „Solche Fische haben wir hier nie gefangen“, sagt Dieter Voigt ein wenig wehmütig, ebenfalls Vorstandsmitglied des rund 38 Mitglieder zählenden Vereins.
Als Ursache für das Fischsterben sieht er die anhaltende Hitze. Denn die sommerliche Wärme hat das Algen- und Wasserpflanzenwachstum in dem Gewässer befördert. Wenn diese sterben, sinken sie zunächst zu Boden, wo sie von Bakterien zersetzt werden, die für ihre Arbeit wiederum Sauerstoff benötigen. Kurzum: Je mehr abgestorbene Algen, desto mehr Bakterien, desto höher der Sauerstoffverbrauch. Bis irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem nahezu der gesamte Sauerstoff im Wasser verbraucht und ein Leben darin unmöglich ist. Das Fazit: Der Teich kippt um.
So geschehen am rund zwei Hektar großen und bis zu zehn Meter tiefen Beesenlaublinger Tonloch. „Es war ein schleichender Prozess“, berichtet Matthias Gorywoda. Letzte Woche sei noch alles in Ordnung gewesen; am Sonnabend jedoch habe er die ersten toten Fische an der Wasseroberfläche treiben sehen - und sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt, sprich die Kreisleitstelle in Staßfurt, das Ordnungsamt in Könnern und die Untere Wasserbehörde des Salzlandkreises informiert.
Als einer der ersten mit vor Ort war der Bebitzer Angler Uwe Christmann, der sogleich den Sauerstoffgehalt überprüfte. Das erschreckende Ergebnis: magere drei Prozent. „Damit ist die tödliche Grenze erreicht“, sagt er. Am Montagmorgen habe er daraufhin das Landesverwaltungsamt in Kenntnis gesetzt, das schnell reagierte.
„Es war Gefahr im Verzug und unser Handeln erforderlich. Wir bekamen die Erlaubnis und konnten am Nachmittag mit dem Abfischen beginnen“, berichtet der Angler, der dabei auf das Elektrofischen setzte. Zudem habe er den See mit einem Echolot abgefahren. „Keine Reaktion“, so Christmann.
Knapp 30 Müllsäcke voll toter Fische - insgesamt mehrere hundert Kilogramm - haben die Angler bereits entsorgen müssen. Und ein Ende ist solange nicht in Sicht, wie Wind und Regen weiter auf sich warten lassen. „Das Wetter soll zwar umschlagen“, meint Christmann, „aber es dauert gut zwei Wochen, bis das Gewässer sich erholt hat.“ Er vermutet zudem, dass weitere Teiche umkippen. „Es sieht überall kritisch aus, vor allem in flacheren Gewässern“, weiß er. Beinahe in jedem Teich fehle rund ein Meter Wasser. Doch solch ein Massensterben habe er noch nie erlebt. „Normalerweise bleibt in jeder Schlacht einer übrig“, meint er. Im Fall vom Beesenlaublinger Tonloch jedoch scheint der Kampf bereits verloren. (mz)


