Museum für Bildende Künste Leipzig Zufriedene Popen und tief Gläubige
Leipzig zeigt Bilder von Evelyn Richter, die die russisch-orthodoxe Kirche zum Schwerpunkt haben.

Leipzig/MZ - Wer sich in den dritten Stock des Leipziger Museums der Bildenden Künste begibt, ist zu einer ungewöhnlichen Zeitreise eingeladen: Nach Russland geht es, wohin die ostdeutsche Fotografin Evelyn Richter, geboren 1930 in Bautzen, gestorben 2021 in Dresden, seit den 50er Jahren immer wieder gereist war – zuletzt 2012.
Zwei Jahre danach begann mit der russischen Annexion der Krim ein düsteres Geschichtskapitel, das mit dem Angriffskrieg Putins auf die Ukraine seine schreckliche Fortsetzung fand. Russlands Führung hat ihr Land damit, wenigstens auf längere Zeit, aus Europa verabschiedet.
Besondere Botschaft
Und nun also diese Bilder in Leipzig? Unbedingt! Denn Kunst und Kultur übermitteln etwas Besonderes, das sonst kaum zu erhalten ist: Nachrichten von den Menschen. Evelyn Richter war bei ihrer ersten Reise nach Moskau fasziniert von der hingebungsvollen Liebe zur Kunst, die sie in den Museen beobachtete. Der Zugang zu Kirchen und Klöstern, die ein Dorn im Auge des Sowjetstaates waren, blieb ihr verwehrt. 2012, auf Richters letzter Russland-Reise, war das anders. Sie erhielt die Erlaubnis, im Pafnuti-Kloster in Borowsk (Region Kaluga) während eines Ostergottesdienstes zu fotografieren. Dabei arbeitete sie nicht in Schwarz-Weiß, was sie bevorzugte, sondern in Farbe, um die Prachtentfaltung der selbstzufriedenen Popen, aber auch das tief Spirituelle, das Leuchten in den Augen der Gläubigen festzuhalten.
Machtfaktor im System
Die orthodoxe Kirche ist längst zum Machtfaktor im System Putin geworden und sendet nationalistische Botschaften aus. Ob und wie sich die Fotografin auch damit auseinandergesetzt hat, ist nicht dokumentiert. Dank ihrer Bilder bekommt man nun aber eine Ahnung von der Religiosität dieses Volkes, das die Wehrmacht 1941 überfallen hat und mit dem die DDR-Bürger später verordnete Freundschaft halten sollten.
Kontextualisiert oder gar kommentiert wird von alledem jedoch nur wenig in dieser bemerkenswerten, kleinen Ausstellung. Was den Wert der Bilder freilich nicht schmälert.