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Chronik umgeschrieben Ortschronist Kurt Engmann: Frose besaß bis zur Reformation Königsrechte und Siegel

Von Regine Lotzmann 03.02.2019, 09:56
Kurt Engmann hat die Froser Chronik überarbeitet. Die liegt jetzt druckfrisch vor.
Kurt Engmann hat die Froser Chronik überarbeitet. Die liegt jetzt druckfrisch vor. Frank Gehrmann

Frose - Geht es nach Kurt Engmann, müsste die Geschichte umgeschrieben werden. Denn nach den Recherchen des Froser Ortschronisten war sein Heimatort nicht einfach ein Anhängsel von Gernrode, wie bisher angenommen.

„Seine Königsrechte und sein Siegel hat sich Frose nicht nehmen lassen, bis zur Reformation“, sagt Engmann und führt dafür einige Urkunden als Beweise an. „Jetzt ist die Sache stimmig“, findet er und hat seine neuen Erkenntnisse in einer überarbeiteten Chronik zusammengefasst.

Dass er überhaupt eine Chronik schreiben wollte, lag daran, dass Frose 1980 zum Bergbauschutzgebiet wurde und 1992 abgerissen werden sollte. „Da wäre ja nichts mehr übergeblieben vom Ort“, sagt der 71-Jährige und machte sich deshalb damals mit Freunden auf die Suche nach geschichtlichen Fakten. „Und es war nicht leicht, überhaupt etwas Vernünftiges zu finden.“

Engmann fotografierte Dokumente in der Bibliothek in Ballenstedt

In der Ballenstedter Bibliothek wurden die Froser aber doch fündig, fotografierten alte Dokumente ab und schrieben die Chronik, die 1985 erschien. „Nach bestem Wissen und Gewissen“, sagt Engmann und gibt zu: „Das fällt heute leider unter Engmanns Märchenbuch.“ Denn in den Büchern, die die Froser als Quelle nutzten, waren zwar die lateinischen Dokumente veröffentlicht, doch Urkunden und Siegel seien getrennt voneinander abgebildet worden, so dass die falschen Schlüsse daraus gezogen wurden.

Und auch die angegebenen Übersetzungen hätten nicht gestimmt. Der Rentner geht davon aus, dass die nach der Reformation mit Absicht gefälscht worden waren, um die katholische Vergangenheit im Unklaren zu lassen.

Doch zur 1050-Jahr-Feier von Frose lernte Engmann einen katholischen Pfarrer kennen, der ihm die echten Quellen und Urkundenbücher zugänglich machte. „Und da fing die Arbeit von vorne an.“

Nach der 1050-Jahrfeier begann die Arbeit von vorn

Der Ortschronist wurde im Dessauer Landesarchiv auf eine Original-Urkunde aus dem 13. Jahrhundert aufmerksam, die noch das Froser Siegel trug. Für ihn ein Widerspruch, denn laut einschlägiger Literatur sollte das Stift da schon 300 Jahre lang Gernrode unterstellt gewesen sein.

„In solch einem Fall hätte das Froser Siegel aber gar nicht mehr benutzt werden dürfen“, sagt Engmann und zieht seine Schlussfolgerungen. „Dafür gibt es nur eine Erklärung: Frose war ein Allod. Das bedeutet, dass das Froser Stift noch Königsrechte besaß und die waren größer als die von einem Markgrafen, der nur Lehnsherr von Otto I. war.“

Königsrecht des Stifts war größer als das eines Markgrafen

Das sei der Kern der Sache, der die Mittelaltergeschichte in einem völlig neuen Licht erscheinen lasse, aber logischer sei als die alten Deutungen, findet der Froser.

Der hat in seine druckfrische Chronik aber auch noch andere Vorkommnisse und Geschichtsabschnitte einfließen lassen. Die Zusammenarbeit mit der heutigen Partnergemeinde Holzappel etwa. Oder Wissenswertes über das kleinste Fürstentum Anhalt/Hoym, zu dem Frose gehörte.

Aber auch die Seeschlacht, die einst zwischen Frose und Aschersleben getobt haben soll. Engmann spricht von vielen Weibern, die um 1700 mit Dreschflegeln und Booten ihr Schilf verteidigten. „Die Frauen haben das grüne Schilf zum Flechten von Körben und Matten benutzt und die Schilfsprossen als Gemüse gegessen“, erzählt der 71-Jährige. „Und am Ende mussten sie nach Aschersleben vor Gericht.“

Aber auch traurige Kapitel haben Eingang in das Werk gefunden. Der Todesmarsch von KZ-Häftlingen etwa, der 1945 auch durch Frose führte.

Die neue Chronik wurde nur in einer Höhe von 50 Exemplaren aufgelegt. „Weil ich das alles selber bezahlt habe“, sagt der Froser. Zu kaufen gibt es sie bei ihm für einen Preis von 16 Euro. Eine Neuauflage sei bei entsprechendem Interesse aber jederzeit möglich. (mz)

Schon seit Jahren kümmert sich Engmann um historische Details.
Schon seit Jahren kümmert sich Engmann um historische Details.
Gehrmann