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Handball-Bundesliga Handball-Bundesliga: Tom Landgraf: "Für mich war es das Allergrößte"

Von Tobias Grosse 21.02.2018, 10:40
Torwart aus Aschersleben und Nationaltorwart: Tom Landgraf (r.) und Andreas Wolff
Torwart aus Aschersleben und Nationaltorwart: Tom Landgraf (r.) und Andreas Wolff privat

Aschersleben/Kiel - Glück und Unglück liegen manchmal ganz, ganz nah beieinander. Am vergangenen Donnerstag zum Beispiel.

Da spielte der Deutsche Handball-Rekordmeister THW Kiel in der Bundesliga gegen die HSG Wetzlar und musste auf den dänischen Weltklasse-Torhüter Niklas Landin verzichten.

Landin stand seiner Frau bei der Geburt des gemeinsamen Nachwuchses bei. Das Glück des neuen Lebens wurde beim THW aber aufgrund der 25:26-Heimniederlage getrübt, die das Ende der letzten leisen Titel-Hoffnungen war.

Der Grund dafür war vor allem auch, dass ausgerechnet beim Fehlen Landins der deutsche Nationaltorwart Andreas Wolff sein in dieser Spielzeit „schlechtestes Spiel machte“, wie Trainer Alfred Gislason im Nachgang sagte.

„Für mich das allergrößte“

Wolffs Unglück an diesem Abend war aber auch ganz eng mit dem Glück des Tom Landgraf verbunden.

Denn nach etwas mehr als 54 Minuten hatte Gislason genug gesehen und die Hoffnung aufgeben, dass Andreas Wolff noch auf den Dampfer kommen würde.

Also wechselte die isländische Trainer-Ikone und brachte Landgraf. Der 21 Jahre alte Handball-Keeper aus Aschersleben kam gegen Wetzlar so zu seinem sechsminütigen Bundesliga-Debüt.

Bester Torhüter der 3. Liga

Seit anderthalb Jahren spielt Tom Landgraf beim Nord-Drittligisten TSV Altenholz und zählt zu den besten Torhütern der 3. Liga.

Für gewöhnlich spielt der gebürtige Ascherslebener dort vor gut 800 bis 1.000 Zuschauern. Beim Bundesliga-Debüt für den THW, für den Landgraf ein Zweitspielrecht hat, schauten über 10.000 Zuschauer in der Arena auf ihn.

„Als ich aufs Feld bin, war eigentlich alles wie immer“, sagt Landgraf im Blick zurück, „dann habe ich mich aber kurz umgeguckt, und gedacht: Ach du sch..., das ist ja superkrank.“

Kindheitstraum wurde erfüllt

Landgraf hat sich mit seinem ersten Spiel in der so oft betitelten „stärksten Liga der Welt“ einen Kindheitstraum erfüllt. Auch wenn die Umstände für den THW „nicht optimal waren“, wie der 21 Jahre junge Torhüter weiß: „Für mich war es das Allergrößte.“

In Landgrafs Laufbahn soll es das noch lange nicht das Ende aller Ziele sein. Der 1,98 Meter-Hüne hat bis zum Sommer noch einen Vertrag beim Drittligisten Altenholz, danach ist seine Zukunft offen.

Dann hat er ziemlich wahrscheinlich auch die Zwischenprüfung seiner Ausbildung im Sack.

Nationaltorwart Wolff verlässt den THW im Sommer 2019 zum polnischen Spitzenclub KS Kielce.

Wird Ascherslebener Wolffs Nachfolger?

Ob Tom Landgraf aktuell vielleicht schon als Nachfolger aufgebaut wird? „Ich gehe bei einem solchen Champions League-Club nicht davon aus.“ Landgraf ist Realist.

Ein Wechsel in die 2. Liga im Sommer ist wahrscheinlicher, es wäre der nächste Schritt. Aber: „Wenn man mit mir spricht, habe ich mir das erarbeitet.“

Es ist ein guter Übergang, dass Tom Landgraf von etwas Erarbeiten spricht. Denn der 21-Jährige aus Aschersleben war in seiner jungen Laufbahn nicht immer so ehrgeizig und zielstrebig wie heute.

Er galt lange als schlampiges Talent, dass gerne auch mal ein, zwei Kilo zu viel auf den Rippen hat und den Traum von der Bundesliga schon abgehakt hatte.

„Es gab Phasen, da habe ich mich gefragt, warum ich mir den Aufwand antue“, gesteht Landgraf. Mittlerweile weiß er es. „Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren das Gefühl bekommen, dass ich es wirklich schaffen kann.“

Ein eigenes Mantra

Seit diesen anderthalb Jahren ist Tom Landgraf nun beim Rekordmeister THW Kiel dabei, trainiert unter Alfred Gislason und an der Seite von Andreas Wolff. „An ihm orientiere ich mich“, sagt er.

Und er kann viel lernen, denn: „Andi ist noch 20.000 mal ehrgeiziger.“

Mittlerweile hat es Landgraf bei Ausfällen von Wolff oder Landin ab und an in den Gislason-Kader geschafft, zuletzt saß er auch in der Champions League gegen den ungarischen Top-Club Veszprém (22:20) auf der Bank.

Leistungsdruck hat geholfen

Dem Ascherslebener hat es geholfen, dass bei einem Verein wie dem THW immer Leistungsdruck herrscht.

„Ich habe in Kiel von Anfang an auf den Arsch bekommen“, erzählt Tom Landgraf unumwunden. Er hat daraus ein eigenes Mantra gezogen. „Es liegt immer an einem selbst.“ Das gilt auch für seine Zukunft. Wobei ein wenig Glück nie schaden kann. (mz)