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SV Anhalt Bernburg Handball-3. Liga: Steffen Cieszynski vom SV Anahlt-Bernburg im Interview

Von Marcus Bräuer 29.06.2016, 18:36
Steffen Cieszynski (links) und Nicholas Stiebler bildeten den Innenblock der starken Bernburger Abwehr.
Steffen Cieszynski (links) und Nicholas Stiebler bildeten den Innenblock der starken Bernburger Abwehr. Hartmut Bösener

Magdeburg/Bernburg - Es ist ein heißer Tag, als Steffen Cieszynski die Tür öffnet. Drinnen ist es dafür angenehm kühl. „Warten Sie es ab“, warnt der 26-Jährige beim Gang in die Küche. Und tatsächlich: Trotz runtergelassener Rollos wird es nach einigen Minuten stickig. Erfrischend sind dafür - neben den Getränken - Cieszynskis Antworten. Der Rückraumspieler des SV Anhalt Bernburg ist in Plauderlaune. Und hält nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg.

Herr Cieszynski, wie war es im Urlaub?

Steffen Cieszynski: Wunderbar. Zwei Wochen Türkei mit meiner Freundin und unserem Sohn Ben. Es war alles cool, er hat die Flüge gut überstanden. Es war erholsam.

Sie haben bereits vier Spieltage vor dem Saisonende pausiert, um einen Haarriss im Unterschenkel richtig auszukurieren. Wie geht es Ihnen derzeit gesundheitlich?

Cieszynski: Ich fühle mich sehr gut, aber ich habe auch über den Urlaub belastendes Lauftraining und Sprünge weggelassen. Ich habe schon ein bisschen Angst vor der ersten belastenden Einheit, dass es wieder schmerzhaft wird. Vor dem Start der Saisonvorbereitung habe ich aber noch einen Termin beim Facharzt, der sich dann anschaut, ob alles gut verheilt ist.

Die kommende Saison wird Ihre sechste im Dress des SV Anhalt. Sie sind 2011 als 21-jähriges Talent von der HG 85 Köthen nach Bernburg gewechselt.

Cieszynski: Stimmt, das ist schon eine lange Zeit. Ich habe mich immer in Bernburg wohl gefühlt und deshalb bin ich auch geblieben, obwohl ich Angebote hatte. Nur einmal war ich kurz davor, schwach zu werden.

Wann war das?

Cieszynski: Nach meiner zweiten Saison in Bernburg. Ich hatte eine starke Runde gespielt und dann kam das Angebot des HSC Coburg. Zweimal habe ich mich mit denen getroffen und war auch kurz vor der Vertragsunterschrift. Am Ende hat es dann aber doch nicht gepasst.

Gut für den SV Anhalt Bernburg. Nun sind Sie 26 und damit einer der Ältesten der Mannschaft. Was kommt da auf Sie zu?

Cieszynski: Das weiß ich selbst noch nicht so richtig. Ich weiß, dass Spieler, die viele Jahre Leistungsträger sind, auch andere Aufgaben zu erfüllen haben, außer gut Handball zu spielen. Das habe ich bei Toni und Lampi (Toni Pajung und Enrico Lampe, Anm. d. Red.) gesehen. Sie haben verbal und auch mit ihrer Körpersprache die Mannschaft auf Betriebstemperatur gebracht. So ein Typ, das weiß ich, bin ich nicht. Ich hatte noch kein Gespräch mit Armands Uscins (Bernburgs neuer Trainer, Anm. d. Red.). Ich werde abwarten, was er von mir erwartet. Erst einmal ist es mir wichtig, dass ich schmerzfrei Handball spielen kann.

Warum die letzte keine erfolgreiche Saison war

Schon in der letzten Saison wurde von Ihnen mehr Führungsqualität gefordert. Wie konnten Sie dieser Forderung gerecht werden?

Cieszynski: Seit ich 2011 hierher gekommen bin, bin ich auf dem Spielfeld Führungsspieler. Ich treffe viele Entscheidungen, ich habe die meisten Pässe, die zu Toren führen, in Überzahlsituationen treffe meistens ich die Entscheidungen, ich war jahrelang Siebenmeterschütze - auf dem Spielfeld habe ich immer Verantwortung übernommen. Auffällig ist sicher, dass ich verbal und bei der Körpersprache einige Dinge besser machen kann. Aber es muss auch echt sein. Ich plane nicht, wie ich nach einem Tor reagiere. Ich habe gute Spiele gemacht und bin aus mir herausgegangen. Ich habe gute Spiele gemacht und war trotzdem ruhig. Es muss authentisch sein.

Das letzte Saisonspiel ist nun acht Wochen her. Rückblickend, war es eine erfolgreiche Saison?

Cieszynski: Im Ganzen war sie das nicht. Wir haben sicherlich ein paar Dinge gut, auch sehr gut gemacht. Die Zusammenarbeit zwischen Stabbel (Nicholas Stiebler, Anm. d. Red.) und mir im Innenblock zum Beispiel. Wir haben gute Leistungen abgeliefert, obwohl wir beide keine 1,90 Meter groß sind. Es gab einige Lichtblicke, Robin (Hoffmann, Anm. d. Red.) zum Beispiel. Er hat viel gespielt und einen großen Sprung gemacht. Auch Gabor (Pulay, Anm. d. Red.) hat eine starke Saison gespielt.

Warum sagen Sie dennoch, dass es im Ganzen keine erfolgreiche Saison war?

Cieszynski: Weil ich glaube, dass wir besser hätten sein können. Wir haben mehr als die Hälfte der Saison gebraucht, um uns darauf zu einigen, dass die 6:0-Abwehrformation für uns die beste ist. Christian (Trainer Pöhler, Anm. d. Red.) hat 3:2:1 spielen lassen, dann wieder 6:0, dann wieder was anderes. Das waren zu viele Veränderungen. Erst als wir uns nach dem schlechten Rückrundenstart alle zusammengesetzt haben, haben wir uns auf die 6:0 geeinigt. Dann lief es auch sofort besser. Das hat uns Sicherheit gegeben.

Der SV Anhalt Bernburg hatte eine der stärksten Abwehrreihen der Liga, vorne klemmte es aber zu häufig. Woran lag es, dass die Mannschaft nicht mehr Torgefahr entwickeln konnte?

Cieszynski: Das ist wirklich schwer zu erklären. Wir hatten häufig gute Startphasen, 4:0 geführt. Eigentlich müsste nach so einem guten Start jeder vor Selbstvertrauen strotzen. Und dann liegen wir plötzlich 5:6 hinten. Vielleicht waren wir manchmal zu selbstbewusst, haben unvorbereitet abgeschlossen. Und wir waren nicht gut im Gegenstoß-Spiel, das hatten uns viele Mannschaften voraus. Uns hat auch zu oft die Coolness gefehlt, es einfach runterzuspielen. Das, was funktioniert hat, so lange zu spielen, bis es eben nicht mehr funktioniert. Wir waren zu unkonstant.

Wie sich das Verhältnis zu Trainer Christian Pöhler entwickelte

Es wirkte in der abgelaufenen Saison so, dass sich Ihr Verhältnis zu Trainer Christian Pöhler verschlechtert hat. Täuschte der Eindruck?

Cieszynski: Nein.

Gab es Verständigungsprobleme?

Cieszynski: Es geht nicht ums Verständnis. Christian versteht Handball und ich habe es auch verstanden. Es waren andere Dinge. Schon nach dem Altenholz-Spiel (zweiter Spieltag, Anm. d. Red.) hat er sich beim Sportvorstand (Enrico Nefe, Anm. d. Red.) über mich beschwert. Ich würde mich nicht anstrengen. Enrico hat sich das Spiel dann auf Video angeschaut und gesagt, dass alle schlecht waren. Christian hat mir oft gesagt, dass er von mir mehr erwartet als von den meisten anderen. Dass er einen anderen Anspruch an mich hat. Aber nicht mal die besten Spieler der Welt sind in jedem Spiel gut. Ich kann mit Überzeugung sagen, dass ich in jedem Spiel versuche, meine Bestes zu geben.

Was werfen Sie Christian Pöhler vor?

Cieszynski: Ich glaube, das Hauptproblem, das Christian mit mir hatte, war, dass ich die Kritik irgendwann einfach nicht mehr runtergeschluckt habe. Jeden kleinen Fehler hat er gesehen, jeden kleinen Fehler musste er ansprechen. Vor allem bei mir. Aber warum bin ich denn Drittligaspieler?

Warum?

Cieszynski: Weil ich Fehler mache. Wenn nicht, wäre ich in der ersten Bundesliga. Auf dem Spielfeld bist du im Tunnel, da machst du manchmal Fehler. Fehler, die du im Vorfeld vermeiden wolltest. Christian konnte das nicht akzeptieren. Und damit hat er es auch mehrmals geschafft, die positive Stimmung in der Mannschaft binnen weniger Minuten komplett zu ändern. Es kam auch selten vor, dass Christian einen Spieler nach einem Fehler aufgebaut hat. Dass wir uns da nicht falsch verstehen: Ich muss nicht den Arsch gepudert bekommen, aber es muss fair sein. Das hat zu oft nicht gepasst. Und diesen Eindruck hatte nicht nur ich, den hatten viele Spieler. Auch deshalb hätte vieles besser laufen können. Junge Spieler brauchen Selbstvertrauen und Sicherheit, um sich weiterzuentwickeln und gute Leistungen zu bringen.

Unangenehm aufgefallen ist zuletzt Robin Hoffmann. Trotz Vertrag hat er den Verein verlassen und ist Christian Pöhler zum HC Elbflorenz Dresden gefolgt. Haben Sie mit Robin Hoffmann darüber gesprochen?

Cieszynski: Robin hat sehr lange dicht gehalten, aber wir haben alle vermutet, dass er nach Dresden geht. Für uns ist das extrem schade. Und so, wie es gelaufen ist, ist es das für ihn auch, weil er nicht so ist, wie er dargestellt wird. Robin ist ein Pfundskerl, eine absolute Bereicherung für jede Mannschaft, menschlich und sportlich.

Was glauben Sie: Warum ist er gegangen?

Cieszynski: Ich glaube Robin hat sich in Bernburg sehr wohl gefühlt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Christian Einfluss auf ihn genommen hat. Und ich kann Christian da sogar verstehen. Er hat Robin nach Bernburg geholt und ihn zu einem richtig guten Drittliga-Handballer entwickelt. Robin ist sozusagen eine positive Erscheinung von Christians Arbeit. Und ich bin überzeugt, dass Robin sich auch beim HC Elbflorenz Dresden durchsetzen wird. Es ist halt die Art und Weise, die vielen aufstößt. Wenn man das Ganze anders aufgezogen hätte, wäre es auch anders gelaufen. Enrico Nefe steht dafür, dass Spieler, die nicht beim SV Anhalt Bernburg bleiben wollen, das auch nicht müssen. Wenn Robin offen mit Enrico gesprochen hätte, wäre es anders gelaufen.

Was man vom neuen Trainer Armands Uscins erwarten kann

Arseniy Buschmann hat sich auch Dresden angeschlossen. Er war in Bernburg Spielmacher. Was bedeutet sein Weggang für Sie?

Cieszynski: Ich weiß noch nicht, was für neue Aufgaben ich haben werde. Ich weiß nicht, wo der Trainer mich sieht. Ich wurde 2011 als Spielmacher verpflichtet, spiele aber seit fünf Jahren auf halblinks. Ich fühle mich da am wohlsten. Ich weiß nicht, ob ich die Mittelposition so gut ausfüllen kann wie die halblinke. Aber am Ende werde ich das machen, was der Trainer sagt.

Sie haben mit Armands Uscins noch zusammengespielt, jetzt ist er Ihr Trainer. Ist das etwas Besonderes für Sie?

Cieszynski: Nein, nichts Besonderes, auch wenn es für mich das erste Mal ist, dass ein ehemaliger Mitspieler mein Trainer ist. Es ist aber egal, wie alt der Trainer ist oder wie erfahren: Wenn man sich respektiert, passt es.

Was kann man von Uscins erwarten?

Cieszynski: Ihm wird viel Gutes vorausgesagt. Was der Mannschaft auf jeden Fall gut tun wird, ist das Selbstvertrauen, das er den Spielern gibt. Er wird den Spielern vermitteln, dass sie Fehler machen dürfen und dass sie keine Angst haben müssen, Fehler zu machen. Die Spieler bekommen bei ihm die Chance, sich auszuprobieren.

Die Mannschaft ist sehr jung. Bietet das mehr Chancen oder Risiken?

Cieszynski: Ich kenne einige Spieler noch nicht. Der Großteil des Stamms steht aber. Es wurde punktuell verstärkt. Ich sehe das nicht als Nachteil, dass wir so jung sind. Es gibt junge Spieler, die gehen hoch wie eine Rakete. Andere Spieler brauchen vielleicht eine Weile. Das muss man abwarten. Ich begrüße das. Gerade junge Spieler, die sich beweisen wollen, reißen sich richtig den Hintern auf.

Interessieren Sie sich eigentlich für die Fußball-Europameisterschaft?

Cieszynski: Ja, ich verfolge das. Ein Tippspiel machen wir auch im Team und mit dem Fanclub. Derzeit bin ich Sechster von 22. Mein Titelfavorit ist Frankreich. (mz)

Steffen Cieszynski (am Ball) 2011 in seinem Heimdebüt für den SV Anhalt Bernburg. 30:27 gewann der SVA damals gegen Pirna.
Steffen Cieszynski (am Ball) 2011 in seinem Heimdebüt für den SV Anhalt Bernburg. 30:27 gewann der SVA damals gegen Pirna.
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