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Ältestes Soleheilbad Gradierwerk Bad Salzelmen: Bei Schönebeck befindet sich Deutschlands ältestes Soleheilbad

Von Detlef Anders 14.04.2019, 08:55
350 Meter lang ist das Gradierwerk in Bad Salzelmen heute. Der Ort ist das älteste deutsche Soleheilbad.
350 Meter lang ist das Gradierwerk in Bad Salzelmen heute. Der Ort ist das älteste deutsche Soleheilbad. Detlef Anders

Bad Salzelmen - Wassertropfen plätschern im monotonen beruhigenden Geräusch über Schwarzdornreisig aus 30 Metern Höhe zum Boden. Es riecht ein wenig nach Ostsee. Kein Wunder, die Luft ist schließlich salzhaltig.

Wer neben dem 30 Meter hohen und über 300 Meter langen Bauwerk im Kurpark von Bad Salzelmen flaniert, der tut etwas für seine Gesundheit, muss aber anschließend die Brille putzen, auf der sich feine Salzkristalle abgesetzt haben.

Ohne Steinsalz als Bodenschatz hätte es das Gradierwerk nie gegeben

Das Gradierwerk im Schönebecker Ortsteil ist die Stempelstelle 28 des Salzland-Kulturstempels. Das Bauwerk steht symbolisch für den Salzlandkreis. Ohne das Steinsalz als Bodenschatz im Untergrund hätte es das Gradierwerk nie gegeben.

Das Gradierwerk wurde von 1756 bis 1765 neben den Elmener Solequellen errichtet. Es diente zur Erhöhung des Salzgehaltes der Sole. Zuvor war dies durch Sieden geschehen, doch nachdem alle Bäume der Umgebung abgeholzt waren, mussten sich die Salzproduzenten etwas Neues einfallen lassen, berichtet Linda Picker, Pressesprecherin des Soleparks, des städtischen Eigenbetriebs der Stadt Schönebeck.

1802 gründete Knappschaftsarzt Dr. Tolberg hier das erste Soleheilbad

Das ursprünglich mehr als 1.300 Meter lange Bauwerk wurde durch den Bergoberhauptmann Waitz Freiherr von Eschen geplant und errichtet. „Es war das längste Gradierwerk Europas“, betont Pickert mit Hinweis auf die Erweiterung auf 1.837 Meter.

1802 hatte der Knappschaftsarzt Dr. Tolberg hier das erste Soleheilbad Deutschlands gegründet. Er nutzte die Heilkraft der Sole für Kurzwecke. Seitdem dient das Gradierwerk als Freiluftinhalatorium.

Als das hölzerne Bauwerk 1999 von den damals noch vorhandenen 300 auf 350 Meter erweitert wurde, entstand auch ein Raum für Raum-inhalationen. Im Kurpark gibt es einen Trinkbrunnen für Trinkkuren und im Solequell, dem Wellnesstempel Schönebecks mit Bad, Sauna und Wohlfühlbereich, kann in 3,5-prozentiger Sole gebadet werden.

Wer will, kann in der 3,5-prozentiger Salzsole baden

Höherprozentige Bäder sind im Lindenbad in Wannen und Therapiebecken möglich. Patienten mit Atemwegserkrankungen, Problemen des Bewegungs- und Stützapparates oder mit Hauterkrankungen können mit Hilfe des natürlichen Heilmittels behandelt werden.

Die Erlenquelle mit acht Prozent Salzgehalt ist 103 Meter tief, die sogar zwölfprozentige Sole der Dr. Tolberg Quelle wird aus 108 Metern Tiefe gefördert. Maximal 20 Kubikmeter stündlich können gefördert werden.

Was heute Pumpen erledigen, das wurde früher mit einer großen holländischen Windkunst gemacht. Allein die Größe dieser „Windmühle“ muss beeindruckend gewesen sein. Die Sole wurde in den Soleturm befördert und von dort auf das Gradierwerk geleitet. Im Schausiedehaus wird noch heute über die Geheimnisse des Salzsiedens berichtet und Besucher können ein Siederdiplom erwerben.

Besucher des Gradierwerk können ein Siederdiplom erwerben

Beeindruckend ist der Blick vom Gradierwerk, der bei den Führungen genossen werden kann. Auch ein Blick in das Innere ist dabei möglich. Die Schwarzdornbündel, die regelmäßig ausgetauscht werden müssen, kommen heute aus Polen, berichtet Pickert.

Die Sole wird stets auf der dem Wind abgewandten Seite des Gradierwerks verrieselt. Ab Windstärke 4 und nachts wird pausiert. Trotzdem ist in 1,4 Kilometern Umgebung ein besonderes Mikroklima feststellbar. Aufgrund der gelösten Ionen wirke die Luft stimmungserhöhend, sagt Pickert. Auch die Rehaklinik steht in diesem Radius.

Im Umkreis von 1,4 Kilometer gibt es ein Mikroklima

Der Kurpark mit seinen großen Linden lädt zum Flanieren ein. Regelmäßig sind Kurkonzerte zu erleben. Im Lindenbad gibt es Sachsen-Anhalts einzige Tote-Meer-Salzgrotte mit Salzziegeln aus Jordanien, weist Linda Pickert auf eine Besonderheit hin.

Architekturliebhaber können in den Straßen des Ortsteils eine Bäderarchitektur wie in den Ostseebädern genießen. Ein „Hexenhäuschen“ bildet eine Schachtabdeckung und im unteren Soleturm der Erlenquelle ist eine Schauquelle zu sehen, berichtet die Sprecherin der Einrichtung. In Salzelmen gibt es mehr als das Gradierwerk zu entdecken.

Den Kulturstempel gibt es übrigens am „Roten Haus“, der Tourist-Informationen. Das Plätschern der Sole dient nebenbei auch bei einer anderen Erkrankung als Hilfsmittel. Bei „Tinnituskuren“ lernen Patienten, am Geräusch vorbei zu hören, sagt Pinkert. (mz)

Linda Pickert zeigt eines der Kunststoffrohre, aus denen die Sole verrieselt wird.
Linda Pickert zeigt eines der Kunststoffrohre, aus denen die Sole verrieselt wird.
Anders
Unzählige Bündel mit Schwarzdornreisig stecken im Inneren des Gradierwerkes.
Unzählige Bündel mit Schwarzdornreisig stecken im Inneren des Gradierwerkes.
Anders