Wählerverein contra Ortsbürgermeister Froser See: Wählervereinigung prangert öffentlich eine angebliche Sondermüllentsorgung an

Frose - Im Internet kursiert ein Video der Wählervereinigung Froser Bürger (WFB), das die Wellen in dem kleinen Seeland-Ort hochschlagen lässt. „Sondermüll am Froser See“ titelt auch ein Clip bei YouTube, auf den selbst Fernsehsender und das Radio aufmerksam geworden sind. In dem Streifen prangert die Wählervereinigung Umweltsünder an, die Sondermüll am Froser See abgelagert haben sollen.
Die vermeintlichen Verursacher werden mit einer ausführlichen Beschreibung ihres Grundstückes festgemacht. Das Pikante daran: Das gehört den beiden Pächtern des Sees – Bernd Bruder und Mario Kempe, der gleichzeitig der Ortsbürgermeister von Frose ist und im aktuellen Wahlkampf für die CDU ins Rennen geht.
„Das ist ein Umweltverbrechen. Eine Umweltsünde ist das“, ruft Ortschaftsrat Dieter Gleichner
„Das ist ein Umweltverbrechen. Eine Umweltsünde ist das“, hört man Ortschaftsrat Dieter Gleichner (WFG) im Video rufen, das einen Erdwall zeigt, auf dem obenauf Glasscherben, Dachpappereste und Drahtseile liegen. Gefahrstoffe, die nach Meinung der WFB ins Grundwasser gelangen und eine Gefahr für spielende Kinder sein könnten.
Große Reifenspuren würden zeigen, „dass hier gezielt gehandelt wurde und Gras über die Sache wachsen sollte“, so der Kommentar zum Video, der auch im Namen der Wählervereinigung auffordert, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
„Wir wollten den Erdwall am Beachvolleyballplatz verlängern“, entgegen Pächter Mario Kempe
Mario Kempe zeigt sich von den Vorwürfen maßlos entsetzt. „Natürlich haben wir dort keinen Sondermüll abgeladen“, sagt der Pächter. Ausschließlich Mutterboden und Grasnarbe seien hingekommen.
„Wir wollten den Erdwall am Beachvolleyballplatz verlängern, weil sich die Leute dort gern hinsetzen und den anderen beim Spielen zuschauen.“ Zudem sollte der Bereich des Badestrandes nach hinten gegen unbefugtes Betreten abgeschottet werden.
Dafür hätten die Pächter extra eine Firma beauftragt, die den Bereich auch ausmodelliert hätte. „Das hat uns über 1.000 Euro gekostet“, so Kempe. Der Boden wurde aus dem ehemaligen Garten des benachbarten Grundstückes geholt, das den Pächtern gehört.
„Aber kein Bauschutt und kein Sondermüll“, sagt der Froser und erklärt: „Welches Interesse hätte ich denn als Betreiber daran haben sollen, den See zu kontaminieren? Ich säge doch nicht meinen eigenen Ast ab!“
Kempe: Nachdem der Hang aufgetragen wurde, gab es eine anonyme Anzeige beim Umweltamt
Gleich nachdem der Sitzhang dort Anfang April aufgetragen wurde, habe es eine anonyme Anzeige beim Umweltamt gegeben, sagt Kempe. Das Fachamt der Stadt und das Umweltamt hätten sich das vor Ort angeschaut und lediglich Äste und einige Backsteine gefunden, die im Garten als Wegeinfassung gedient hätten.
„Ich habe die Auflage bekommen, die Steine bis zum 18. Mai, also bis zur Eröffnung des Sees, rauszusortieren, dann wäre es gut gewesen“, erklärt der Froser, der sich fragt, ob jemand die anderen Dinge dort platziert habe.
Marko Jeschor, der Pressesprecher des Salzlandkreises, bestätigt, dass der Landkreis eine anonyme Anzeige erhalten habe. „Es gab einen Vor-Ort-Termin. Dabei wurden tatsächlich Glasscherben, Dachpappe, Gummi und Eisendrähte gefunden - in geringen Mengen.“ Dazu laufe jetzt ein Anhörungsverfahren, zu dessen Ergebnis sich der Kreis noch nicht äußern könne.
Kreis-Sprecher Jeschor: Es wurden Glasscherben, Dachpappe, Gummi und Eisendrähte in geringen Mengen gefunden
Für Mario Kempe kommt diese Antwort überraschend. „Das hat mir der Landkreis nicht mitgeteilt“, sagt er. Es hieß nur: „Die Steine und Äste sollen raus und gut ist.“ Ein entsprechendes Schreiben vom Landkreis, das der MZ vorliegt, bestätigt diese Aussage.
„An der Schlagzeile ‚Froser See mit Sondermüll‘ ist überhaupt nichts dran“, sagt auch Seeland-Bürgermeisterin Heidrun Meyer, deren Fachamt ebenfalls mit vor Ort war und auch nur etwas von Steinen weiß. „Und wenn die rausgenommen worden wären, wäre es gut gewesen.“
Sie ärgert sich besonders über die Aussage, dass nach der anonymen Anzeige nichts passiert sei. „Wir haben sofort gehandelt, uns das angeschaut, eine Stellungnahme angefordert und die Sache abschließend bewertet.“
Bürgermeisterin Heidrun Meyer: „Wir haben sofort gehandelt“
Deshalb wolle auch die Stadt das Video jetzt auswerten und eventuell weitere, vielleicht auch rechtliche Schritte einleiten. Zudem sieht die Bürgermeisterin eine immense Rufschädigung für den Froser See, der der Stadt gehört, und gibt auch zu bedenken: „Wenn die Betreiber nicht mehr wollen, werden wir den See schließen müssen.“
Auch die beiden Pächter sind sauer und ziehen eine Anzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung in Betracht. Zudem haben sie den Sitzhang wieder abgetragen und in der Deponie entsorgen lassen.
„Zur Sicherheit habe ich mir auch eine Bescheinigung von dort geben lassen, dass es nur Mutterboden und kein Bauschutt oder Sondermüll war“, sagt Kempe.
„Ich konnte aber nicht mehr verhindern, dass das Video ins Netz gelangt“
Dieter Gleichner von der Wählervereinigung erklärt, dass das Video gar nicht im Netz hätte landen sollen. Es sollte eine Dokumentation sein, nachdem sich ein Bürger vertrauensvoll an sie gewandt habe, so Gleichner. Beim Umweltamt und der Stadt habe die WFB zwar nicht nach dem Stand der Dinge gefragt, dafür aber mit dem Pächter gesprochen.
Der soll laut Gleichner versprochen haben, das wegzuräumen. „Damit wäre die Sache für uns erledigt gewesen“, erklärt der Froser und sagt: „Ich konnte aber nicht mehr verhindern, dass das Video ins Netz gelangt.“ (mz)