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"Ein Schildbürgerstreich" Aktion vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz habe alles verschlimmert: Bürgermeister von Gatersleben kritisiert Öffnung des Wehrs an Selke

Von Regine Lotzmann 06.09.2019, 07:56
Fast ausgetrocknet: So sah es vor drei Wochen am Selkewehr in Gatersleben aus.
Fast ausgetrocknet: So sah es vor drei Wochen am Selkewehr in Gatersleben aus. Peter Brewig

Gatersleben - Mario Lange bezeichnet es als einen Schildbürgerstreich und findet für das Drama drastische Worte. „Unser Nachbarort Hausneindorf ist über die Medien gegangen, dass Wasser in der Selke fehlt“, erzählt der Gaterslebener Ortsbürgermeister von dem ausgetrockneten Flüsschen in seiner Nachbarschaft. „Und wir wurden benannt, dass wir das Wasser horten würden.“

Deshalb sollten in seinem Ort die Schleusen geöffnet werden, damit die Nachbarn Löschwasser bekommen. „Einen Tag später war dann die Fischtreppe am Wehr offen - in Hausneindorf ist aber kaum was angekommen, schon gar kein Löschwasser“, so der Ortschef.

Am Oberhof und im Heckenteich befinde sich kaum noch Wasser, berichtete Bürgermeister Mario Lange

Dafür seien nun in Gatersleben die Fischteiche halb ausgetrocknet, würden jetzt auch noch hier die Fische ums Überleben kämpfen. Am Oberhof und im Heckenteich sei kaum noch Wasser.

„Die Aktion des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft hat alles nur verschlimmert“, findet Mario Lange und wiederholt: „Es war ein Schildbürgerstreich, das wenige Wasser weglaufen zu lassen.“ Denn: „Das Wehr zu öffnen, hat nichts gebracht, außer dass jetzt das Wasser auf beiden Seiten weg ist.“

„Wir suchen nun händeringend nach einer Möglichkeit, irgendwo Wasser herzubekommen, um den Heckenteich aufzufüllen“, sagt Jörg Erdmenger vom Gaterslebener Anglerverein, der hektisch daran arbeitet, die Tiere zu retten.

„Vielleicht aus dem Froser oder dem Concordia See“, überlegt der Angler. Denn das Wasser stehe im Heckenteich nur noch 40 bis 50 Zentimeter hoch. „Es ist für die Natur“, sagt Erdmenger, der dafür sogar schon einen Kaupenwagen besorgt hat.

Das Problem: Aus Flüssen und Seen darf zurzeit kein Wasser entnommen werden

„Es gibt eine Anordnung, dass aus Flüssen und Seen kein Wasser entnommen werden darf“, bedauert jedoch Mario Kempe, einer der beiden Pächter des Froser Sees. Dafür weiß Mario Lange von einer Anfrage beim Landkreis, ob der Hauptseegraben bei Friedrichsaue dafür genutzt werden dürfe. „Das ist abgepumptes Wasser“, sagt er und meint: „Wir hoffen, dass sie sich schnellstmöglich entscheiden, damit die Fische im Heckenteich eine Chance haben.“

Reinhard Kunert, der die Stadt Seeland ehrenamtlich in Ökofragen berät, schüttelt angesichts dieser Posse den Kopf. „Aber das macht mir auch Sorgenfalten“, gesteht der Biologe. „Wir müssen uns mittelfristig nämlich darauf einrichten, dass ab 2050 außer der Bode alle anderen Flüsse hier sommertrocken sind“, berichtet er von einer Studie und macht den Klimawandel dafür verantwortlich. (mz)