11 Millionen Euro Schulden 11 Millionen Euro Schulden: Salzlandkreis will Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft im Kreis Bernburg abwickeln

Aschersleben/Bernburg - Falsche Erwartungen an die Wirtschaftsentwicklung, falsche Bewertungen von Gewerbeflächen, Satzungsverstöße der Geschäftsführung und rechtsunwirksame Verträge mit Gemeinden. Die längst zahlungsunfähige Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft (WFG) im Kreis Bernburg mbH hat in den 1990er Jahren viele schwerwiegende Fehler gemacht - für die der Landkreis jetzt teuer einstehen muss.
Beschluss zur Abwicklung ist am 18. Juli geplant
Die Kreisverwaltung schlägt nach der monatelangen Aufarbeitung der Entwicklung seit 1991 sowie der Empfehlung mehrerer Rechtsanwälte die Abwicklung der Gesellschaft vor - samt Übernahme der Verbindlichkeiten. Dafür sind inklusive Zinsen rund elf Millionen Euro nötig, die über einen weiteren Kredit aufgebracht werden sollen. Schon jetzt schießt der Kreis jährlich etliche Hunderttausend Euro zu.
Einen entsprechenden Beschluss soll der Kreistag in einer Sondersitzung am 18. Juli fassen. Dafür warb auch Landrat Markus Bauer (SPD). „Der Vorschlag ist alternativlos. Ansonsten gibt es keinen Weg in die Zukunft.“ Grund: Die vorgeschlagenen Alternativen zur Abwicklung sind eigentlich keine.
Prüfer nennt eine Insolvenz „wirtschaftlichen Wahnsinn”
Der mit der Prüfung beauftragte Wirtschaftsprüfer Jochen Henschke sagte im Kreistag: „Eine Insolvenz der Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist wirtschaftlicher Wahnsinn für den Kreis als alleinigen Gesellschafter.“
Denn neben den Verbindlichkeiten würden noch weitere Forderungen dazu kommen. Auch eine Fortführung der WFG macht aus Sicht der Experten keinen Sinn, weil sowohl die Verbindlichkeiten als auch das Vermarktungsrisiko bleiben.
Immerhin: Die betroffenen Gemeinden haben den Angaben im Bericht zufolge signalisiert, einige öffentlichen Flächen zurückzukaufen. Jedoch beziffert sich der Gesamtwert dieser nur auf 414.500 Euro.
Insgesamt beträgt der Wert aller Gewerbeflächen in Könnern, Neugattersleben, Peißen, Baalberge, Güsten, Ilberstedt und Nienburg 2,7 Millionen Euro - und so deutlich weniger als ursprünglich angegeben.
Einige Gemeinden wollen Grundstücke zurückkaufen
Beantwortet wurde im Kreistag auch die Frage, ob für die offenkundigen Verfehlungen jemand haftbar zu machen ist. Der mit der Prüfung beauftragte Anwalt Michael Backhaus sagte dazu zusammengefasst: Nein!
Grund: Die Verjährungsfrist von fünf Jahren ist längst abgelaufen. Zudem trugen damals sowohl der Aufsichtsrat als auch die Gesellschafterversammlung über die jährlichen Entlastungsbeschlüsse alle Entscheidungen der WFG mit. Die Empfehlung von Backhaus deshalb: „Sehen Sie in die Zukunft.“
Aufsichtsrat und Gesellschafter haben alle Beschlüsse mitgetragen
Sven Hause (SPD-Fraktion) sagte, er bedauere, dass man keine Möglichkeit des Rückgriffs mehr habe. „Die wenigsten im aktuellen Kreistag haben mit der Sache etwas zu tun.“ Hause stellte dabei auch auf die Kreisumlage ab, die viele Gemeinden im Kreis finanziell stark belaste.
Hintergrund für die Aussage: Mit einem weiteren Millionen-Kredit wird der Haushalt des Kreises belastet, der neben allgemeinen Zuweisungen nur über die Kreisumlage gestützt wird. Die war in den vergangenen Jahren aufgrund der Haushaltssituation stetig angestiegen.
Kreistagsvorsitzender Thomas Leimbach (CDU) sah gar Auswirkungen für die kommunalpolitische Arbeit. Angesichts der vorliegenden Berichte müsse man Angst haben, über Entlastungen von kommunalen Gesellschaften zu sprechen.
(mz)