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Sachsen Sachsen: «Wir stehen alle unter Schock»

Von Romy Richter und Tino Moritz 01.07.2009, 10:26
Polizeibeamte am Tatort: Bei einer Auseinandersetzung im Landgericht Dresden ist am Mittwoch (1. Juli) eine 32-jährige Frau getötet worden. (FOTO: DDP)
Polizeibeamte am Tatort: Bei einer Auseinandersetzung im Landgericht Dresden ist am Mittwoch (1. Juli) eine 32-jährige Frau getötet worden. (FOTO: DDP) ddp

Dresden/ddp. - Während der Berufungsverhandlung, in der es um eine zuvor gegen denMann verhängte Geldstrafe von nicht einmal 800 Euro wegen Beleidigungging, sei es zu dem «tätlichen Angriff» gekommen, teilteOberstaatsanwalt Christian Avenarius mit. Sachsens JustizministerGeert Mackenroth (CDU), der wenige Stunden nach der Bluttat denTatort besichtigte, sprach von einer «Tragödie».

Der genaue Ablauf und die Hintergründe der Tat blieben zunächstunklar. Eine Gerichtssprecherin sagte, dass der in Russland geboreneAlex W. zuvor vom Amtsgericht Dresden zu einer Geldstrafe von 60Tagessätzen zu je 13 Euro verurteilt worden war, weil er im August2008 eine Frau auf einem Dresdner Spielplatz als «Islamistin undTerroristin» beschimpft hatte. Ob das Opfer diese Frau war und ob dieZeugin vor Gericht bereits ausgesagt hatte - dazu gaben die Ermittlerkeine Auskünfte.

In Justizkreisen hieß es, dass die Frau aus dem arabischen Raumstamme. Medienberichte, wonach die Tote Ägypterin sei, wollteAvenarius nicht bestätigen. Er kündigte an, dass der Tatverdächtigeam Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt werde - und am selben Tagmehr Informationen preisgegeben werden sollen, auch über die Angabendes Tatverdächtigen während seiner Vernehmung am Mittwoch.

Avenarius zufolge hat der Mann die Zeugin im Gerichtssaal miteinem Messer angegriffen und sie mit mehreren Stichen schwerverletzt. Sie erlag wenig später ihren Verletzungen. Der 28-Jährigesei nach seiner Tat überwältigt und von den Ermittlern vernommenworden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Totschlags.

Bei der Überwältigung und Festnahme des Angeklagten wurde aucheine Schusswaffe benutzt. Ein Polizeibeamter habe geschossen, sagteein Sprecher. Nach Gerichtsangaben soll es mehrere Verletzte gegebenhaben. Der Tatort wurde abgesperrt. In die Ermittlungen wurde auchdas Landeskriminalamt eingeschaltet. Eine Gerichtssprecherin betonte,dass es vor der Verhandlung keine Personenkontrollen gegeben habe,weil dies in solchen Fällen von «Kleinstkriminalität» nicht üblichsei.

Konsequenzen forderte nach der tödlichen Messerattacke SachsensCDU. Ihr Rechtsexperte im Landtag, Marko Schiemann, sagte, dass derRechtsstaat Zeugen schützen müsse. «Waffen haben im Gerichtssaalnichts zu suchen», betonte er.

Oberstaatsanwalt Avenarius kündigte an, dass nach demTatverdächtigen auch noch die anderen Augenzeugen vernommen werdensollen. Die meisten stünden jedoch unter Schock.

Justizminister Geert Mackenroth (CDU) sagte nach einerBesichtigung des Tatorts, er sei völlig schockiert und entsetzt überdie Tragödie. Mit der Familie der getöteten jungen Frau habe er «ganztiefes Mitgefühl». Zugleich sicherte er zu: «Wir werden alles tun,dass die Hintergründe aufgeklärt werden.»

Im Landgericht Dresden wurden am Mittwoch parallel laufendeProzesse abgebrochen oder vertagt. Abgesagt wurde auch die fürNachmittag geplante Eröffnung der Wanderausstellung «Im Namen desVolkes? - Über die Justiz im Staat der SED» im Foyer desGerichtssaals.