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Bericht des Ministeriums Wölfe in Sachsen-Anhalt: Drei neue Rudel - Zahl der Angriffe auf Nutztiere steigt

05.12.2017, 19:43
Wölfe eines Rudels in einem Wildpark.
Wölfe eines Rudels in einem Wildpark. dpa/Symbol

Magdeburg - Florian König wollte sich nur unterstellen, denn hartnäckiger Regen verleidete ihm Mitte September seine Wanderung durch die Oranienbaumer Heide. Plötzlich waren sie da, nur 20 Meter entfernt: Wölfe. Gleich ein halbes Dutzend. „Es war ein großartiger Moment“, erinnerte sich der Dessauer hinterher. „Und es war eine völlig friedfertige und entspannte Situation.“

Ein halbes Jahr früher, wenige Kilometer südlich, ein anderes, gar nicht friedfertiges Bild: Neun Schafe - vier davon waren trächtig - und drei Lämmchen liegen tot und mit blutigem Fell im Schlamm. Der Schäfer beklagt einen Schaden von 1.000 Euro.

Das erhabene Naturerlebnis und der blutige Schaden - es sind zwei Seiten einer Medaille, der Rückkehr des Wolfs. Bis zur flächendeckenden Besiedlung Sachsen-Anhalts ist es zwar noch ein weiter Weg für das Raubtier. Wie der am Dienstag vorgestellte, neue Monitoringbericht des Landes-Umweltministeriums zeigt, hat der Wolf aber gut die Hälfte schon geschafft: Ein Stück der Börde, die komplette Altmark, das Jerichower Land, den Nordzipfel von Anhalt-Bitterfeld und der Kreis Wittenberg - überall dort haben sich die Tiere angesiedelt.

Zahl der Wölfe im Land steigt auf 81

Im Berichtszeitraum 2015/16 gab es acht Rudel, 2016/17 haben die Wolfsexperten des Landes elf Rudel registriert. Zu den drei neuen gehört auch die Gruppe aus der Oranienbaumer Heide. Dort waren zuvor nur einzelne Tiere nachgewiesen worden. Insgesamt ist die Zahl der Wölfe um drei auf 81 gestiegen, wobei elf sich nur zeitweilig im Land aufhalten.

Sie gehören Rudeln an, die sich öfter in Brandenburg und Niedersachsen aufhalten. Der Anstieg der Wolfspopulation in Sachsen-Anhalt hat sich nun zuletzt zwar deutlich verlangsamt. Die lange Perspektive sieht anders aus: 2009/10 waren lediglich sieben Wölfe registriert worden.

Zuletzt ist die Zahl der Übergriffe auf Nutztiere deutlich angestiegen: Im gesamten Jahr 2016 waren es laut Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) 44 und in diesem Jahr bisher bereits 70. Gestiegen seien vor allem Angriffe auf Kälber, sagte Dalbert am Dienstag bei der Vorstellung des Wolfsberichts. Sie kündigte für das kommende Frühjahr ein Modellprojekt zum Schutz von Kälbern an. 

Die Details sind noch offen. Als Reaktion auf die vermehrten Risse und gewachsene Ängste in der Bevölkerung hatte das Land in diesem Jahr das Wolfskompetenzzentrum in Iden in der Altmark aufgebaut. Rissgutachter und Herdenschutzexperten sind dort tätig. Dalbert sagte, auf die Angst vor dem Wolf müsse man sachlich-aufklärend reagieren. „Der Wolf - nach allem, was wir wissen - greift Menschen nicht an.“ Es werde Aufklärungs- in Kindergärten und in Gemeinden geleistet, in denen Furcht herrsche.

Sachsen-Anhalt ist für Wölfe auch ein gefährliches Pflaster

Gebiete im Süden und Westen des Landes zählen zwar noch nicht zu den Siedlungsgebieten des Wolfes, zumindest zu Gast war er dort aber schon. Bei Ballenstedt ging ein Tier in eine Fotofalle, in der Nähe von Freyburg wurde entsprechende Losung, also Wolfsexkremente, gefunden.

Die Experten des Umweltministeriums wollen jetzt gezielt und mit Hilfe von Jägern und Naturschützern in den noch nicht besiedelten Gebieten nach Spuren des Wolfs fahnden. Dafür wurden zehn „Suchräume“ definiert, unter anderem gehören dazu Harz und Harzvorland.

Auch an die Großstadt Halle hat sich der Wolf quasi auf Sichtweite herangewagt. Allerdings mit unglücklichem Ausgang. Ende 2016 ist ein Wolf bei Spickendorf auf der B 100 überfahren worden. Sachsen-Anhalt ist für diese Tiere eben auch ein gefährliches Pflaster. Laut Monitoringbericht kamen hier acht der Raubtiere 2016/17 ums Leben - mit dem Spickendorfer wurden insgesamt fünf zu Unfallopfern. (mz/dpa/gau)