Teures Erdgas Wohnungsfirmen in Sachsen-Anhalt warnen: Bis zu 5.000 Euro höhere Energie-Nebenkosten
Die Wohnungswirtschaft in Sachsen-Anhalt hat ausgerechnet, wie stark die Mieter durch steigende Energiepreise belastet werden. Verbandschef Zillmann sagt: „Mieter sind damit überfordert.“

Halle/MZ - Die Preise für Erdgas, aber auch für Strom sind in den vergangenen Monaten rasant gestiegen. „Die meisten Mieter bekommen das aktuell aber noch nicht so mit, weil ihre Nebenkosten für die Heizung nur einmal jährlich angepasst werden“, sagt Jens Zillmann, Verbandsdirektor der Wohnungswirtschaft in Sachsen-Anhalt. Der deutsche Wohnungsbau-Dachverband GdW hat daher Modellrechnungen erstellt, wie sich die gestiegenen Energiepreise im Schnitt auf die Haushalte in Deutschland auswirken.
Kommt die Gasmangellage wird es richtig teuer
Demnach muss eine dreiköpfige Familie aktuell 265 Euro im Monat für Strom, Heizung und Warmwasser zahlen. Das sind 37 Prozent mehr als zum Jahresanfang (siehe Grafik). Da viele Versorger aktuell die Preise weiter anheben, rechnet der GdW damit, dass die monatliche Rechnung im Jahr 2022 bei insgesamt 332 Euro liegen wird. Im besten Fall. Sollte Russland im Juli die Erdgaslieferungen einstellen und die Bundesregierung den Energieunternehmen erlauben, wöchentliche Preisanhebungen durchzuführen, dann würde die monatliche Rate auf 567 Euro nach oben schnellen. Ein Drei-Personen-Haushalt müsste dann im schlimmsten Fall im Jahr 4.600 Euro mehr für Energie zahlen, bei einer vierköpfigen Familie wären es rund 5.000 Euro.
„Das sind Modellrechnungen, bei den einzelnen Wohnungsgesellschaften sieht es je nach Vertragslage sehr unterschiedlich aus“, sagt Zillmann. „Die Zahlen zeigen jedoch, wo die Reise hingeht.“ Vor allem Familien mit niedrigen Einkommen und Rentner würden diese Preisanhebungen hart treffen. „Ich weiß nicht, wie ein Großteil unserer Mieter das bezahlen soll“, sagt Zillmann. Die kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsfirmen in Sachsen-Anhalt würden 320.000 Wohnungen in Sachsen-Anhalt verwalten. „Etwa 60 Prozent der Mieter sind über 60 Jahre alt“, so Zillmann weiter. Bisher würden die Wohnungsunternehmen die steigenden Kosten tragen, die sie mit der Betriebskostenabrechnung am Jahresende jedoch an die Mieter weitergeben würden.
Wohnungsgesellschaften erhöhen bereits jetzt die Abschläge
Die Wohnungsbaugesellschaft (Wobau) in Eisleben (Landkreis Mansfeld-Südharz) will daher bereits jetzt den Abschlag auf die Heizkosten erhöhen. „Wir planen eine Anhebung um 50 Prozent“, sagt Geschäftsführer Marc Reichardt. Viele der 3.000 Wohnungen der Wobau hängen am Fernwärmenetz des örtlichen Stadtwerks. Mit diesem hat die Wobau noch einen Festpreis vereinbart. „Wir wollen vorsorglich erhöhen, damit es die Mieter nicht mit einem Schlag so hart trifft“, so Reichardt. Laut Zillmann sind anderorts die Fernwärmepreise um bis zu 450 Prozent gestiegen.
Auch die Wohnungsbaugesellschaft Zeitz (Burgenlandkreis) hat mit ihrem Versorger länger laufende Verträge, so dass die Preise aktuell nicht so stark angehoben werden müssten. „Ruft die Bundesregierung jedoch eine Gasmangellage aus und die Versorger können auch bestehende Verträge verändern, dann sieht unsere Kostenrechnung ganz anders aus“, sagt Michael Große, Prokurist der Wohnungsbaugesellschaft. „Wir können die Kostenerhöhung daher nicht abschätzen.“ Die Zeitzer empfehlen ihren Mietern, bereits jetzt die Abschläge bei den Nebenkosten zu erhöhen, um eine hohe Nachzahlung zu vermeiden. „Wer zu viel zahlt, bekommt ohnehin sein Geld zurück“, so Große.
Schutzschirm für Wohnungsunternehmen gefordert
Verbandschef Zillmann warnt, dass die Mehrbelastung der Mieter bei den großen Wohnungsunternehmen in Sachsen-Anhalt im schlimmsten Fall bei 1,2 Milliarden Euro im Jahr liegen könnte. „Unsere Unternehmen müssten zu großen Teilen diese Summe vorfinanzieren, doch dafür sind sie finanziell nicht ausgestattet“, so Zillmann. Es sei unklar, was passiere, wenn viele Mieter ihre Energierechnung nicht bezahlen könnten. Ähnlich wie für große Energie-Unternehmen fordert Zillmann daher einen Schutzschirm auch für Wohnungsfirmen.