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Wo die Mäuse fliegen Wo die Mäuse fliegen: Rekord-Neubau für Magdeburger Polizeidirektion

Von Jan Schumann 15.11.2018, 20:14
Ein Bagger frisst sich durch das Gemäuer der Sporthalle, die zur Polizeidirektion Nord in Magdeburg gehört.
Ein Bagger frisst sich durch das Gemäuer der Sporthalle, die zur Polizeidirektion Nord in Magdeburg gehört. dpa

Magdeburg - Marode war das Polizeigebäude schon seit Jahren, aber die Pfütze auf dem Schreibtisch im Jahr 2017 war ein neuer Tiefpunkt. In Magdeburg regnete es, die Zimmerdecke war undicht, und auf dem Tisch einer Kriminalpolizistin sammelte sich das Regenwasser.

Ermittler in Not: Bis ins Innenministerium habe er damals Stress gemacht, damit die Decke schnell repariert werde, sagt Wolfgang Ladebeck, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft. Zwar kamen dann ein paar Handwerker. „Aber ich habe mich schon gefragt, wieso die das Dach nicht gleich komplett machen, sondern nur einen Teil flicken.“

Bauplan bis Ende 2024

Die Polizeidirektion Nord - sie ist die heruntergekommenste unter Sachsen-Anhalts Polizeistationen. Die Zentrale in Magdeburg ist zwar zuständig für 2.600 Bedienstete im Landesnorden und damit Herzstück der Landespolizei. Doch zugleich ist der historische Häuserkomplex am Bahnhof geradezu berüchtigt für seinen katastrophalen Zustand. Und das nicht nur polizeiintern: 2011 stellte Ladebeck mit der Gewerkschaft erstmals ein Schild vor die Klinkerfassade: „Das schlechteste Dienstgebäude der Polizei in Deutschland“.

Ab sofort soll nun aber saniert werden, es ist das derzeit größte Bauprojekt im Land. Für 155 Millionen Euro soll auf dem Gelände, das 1887 erstmals als kaiserlicher Militärkomplex diente, bis Ende 2024 eine moderne Polizeistation entstehen. Ein „operativer Knotenpunkt“, so Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Dafür müssen nun alte Garagen, Waffenkammern und eine Turnhalle weggerissen werden - auch eine Werkstatt, eine Autowaschhalle und das alte Lage- und Führungszentrum müssen dran glauben.

„Ich bin sehr froh, dass sich hier nun endlich die Bagger drehen“, sagt Finanzminister André Schröder (CDU) am Donnerstag bei der ersten Baustellenbesichtigung. Während des Besuchs der Minister nagt ein Bagger an der Sporthalle.

Stahlknecht erklärt, er sei froh, dass aus dem schlechtesten Dienstgebäude nun eines der besten und mondernsten werde. „Versprochen und gehalten“, sagt er. „Wir haben aber mit Demut lernen müssen, dass manches etwas länger dauert.“

Der ursprüngliche Baubeginn sollte im Jahr 2013 sein

Wir, davon dürften sich auch die Magdeburger Polizisten angesprochen fühlen, denen die Regierung 2011 erstmals Sanierung und Neubau in Aussicht gestellt hatte. Ursprünglicher Baubeginn: 2013. Doch je länger die Chronik der Verzögerungen wurde, desto länger wurde auch die Mängelliste am Bau. Gewerkschafter Ladebeck spult sie ab: Während durch undichte Wände Wasser kam, lassen sich einige Holzfenster aus den 50er Jahren nicht mehr öffnen. Es gibt das Gerücht, Polizisten hätten in der Freizeit bereits freiwillig Wände gestrichen, um die Arbeit etwas angenehmer zu machen. Und das Mauerwerk? Bröckele vor sich hin, sagt Ladebeck. Viele kleine Flickschusterarbeiten hätten sich seit 1990 auf 20 Millionen Euro summiert.

Eines der großen Probleme ist, dass parallel zum Umbau auf dem 22.000-Quadratmeter-Gelände weiter Polizeiarbeit läuft. Jüngst wurden auf dem Hof ein paar Kastanien mit Kettensägen gefällt. Fast zeitgleich wurden massive Eisenträger in den Boden gerammt, um Tragfähigkeit und Statik zu sichern. „Den Kollegen im Nebenhaus sind die Computermäuse vom Tisch gesprungen“, berichtet Ladebeck.

Für Innenpolitiker ist die Erneuerung der PD ebenfalls längst eine unendliche Geschichte. „Polizisten, die am Tag des Versprechens Mitte 40 waren, werden zum Bauende gar nicht mehr im Dienst sein“, sagt der SPD-Abgeordnete Rüdiger Erben.

Baupreis? Keine Garantie

Zudem wird der Bau immer teurer - auch, weil entgegen ersten Plänen nun auch das Technische Polizeiamt in die Direktion kommt. Allein seit 2013 stieg die Kostenprognose um 58 Millionen Euro - der Rechnungshof spricht von einem zusätzlichen 30-Millionen-Risiko. Deshalb rebellierten 2017 CDU-Finanzpolitiker, das Projekt solle nochmal komplett auf den Prüfstand. Womöglich sei ein Neubau „auf der grünen Wiese“ der günstigere Weg. Das ist vom Tisch, die Station soll an zentraler Stelle in der Hauptstadt bleiben. Erben sagt heute: „Es kostet eben, was es kostet.“

Eine Garantie, dass Bauzeit und Preis bis 2024 gehalten werden, kann auch der Finanzminister nicht abgeben. „Wir sind natürlich abhängig von Baupreisentwicklungen und Ausschreibungsverfahren“, sagt Schröder. „Wir achten sehr darauf, dass wir den Kostenrahmen einhalten.“ Überraschungen sind aber nicht ausgeschlossen - erstmals seit Jahrzehnten wird auch der Boden auf dem Gelände tiefenuntersucht. (mz)

Die Polizei-Gewerkschaft schmäht die Station als schlechtestes Dienstgebäude.
Die Polizei-Gewerkschaft schmäht die Station als schlechtestes Dienstgebäude.
dpa