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Anklage wegen Nazi-Losung Mit Video: Prozess gegen AfD-Politiker Höcke in Halle - droht bei einer Verurteilung das politische Aus?

Wenn der rechtsextreme AfD-Politiker Björn Höcke in Halle verurteilt werden sollte, könnte er im Ernstfall für öffentliche Ämter gesperrt werden. So lief der Prozessstart am Donnerstag im Justizzentrum.

Von Jan Schumann Aktualisiert: 18.04.2024, 18:44
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke steht in Halle vor Gericht.
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke steht in Halle vor Gericht. Foto: Fabrizio Bensch/Reuters/Pool/dpa

Halle/MZ - Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen hat in Halle am Donnerstag der Strafprozess gegen den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke begonnen. Der rechtsextreme Politiker soll bei einer Wahlkampfrede in Merseburg im Saalekreis 2021 die verbotene Nazi-Losung „Alles für Deutschland“ genutzt haben.

Mit dem Prozessstart ist seit Donnerstag nun auch klar, dass das Verfahren theoretisch über Höckes politische Zukunft entscheiden könnte. „Wenn er zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt werden würde, könnte das Gericht ihm die Amtsfähigkeit und das aktive und passive Wahlrecht absprechen“, erklärte Gerichtssprecherin Adina Kessler-Jensch. Die Aberkennung wäre für höchstens fünf Jahre möglich.

 
Wenn der rechtsextreme AfD-Politiker Björn Höcke in Halle verurteilt werden sollte, könnte er im Ernstfall für öffentliche Ämter gesperrt werden. (Bericht: Jan Schumann, Schnitt: Anna Lena Giesert)

Höcke-Gegner demonstrieren vor Gericht gegen AfD-Politiker

Höcke dürfte in diesem Fall also kein öffentliches Amt mehr bekleiden – im September tritt er als Ministerpräsidentenkandidat der AfD bei der Thüringer Landtagswahl an. Er gilt als einflussreichster und besonders radikaler Politiker in seiner Partei. Der Prozessstart in Halle wurde von lauten Protesten begleitet: 570 Demonstranten protestierten mit Bannern wie „Höcke ist ein Nazi“ und „AfD stoppen“.

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Im Gericht galten höchste Sicherheitsvorkehrungen: Die Polizei kontrollierte den Eingang mit einem Bombenspürhund, Taschen und Rucksäcke im Publikum wurden strengstens überprüft. Das Medienecho ist international – selbst Journalisten des arabischen Nachrichtennetzwerks Al Jazeera berichteten aus Halle.

Höcke-Anwälte wollen keine „politische Geheimjustiz“

Im Gerichtssaal sorgte Höckes Verteidigung indes für Verzögerungen beim Prozessstart. Das Anwaltstrio des AfD-Politikers bezweifelte in Anträgen noch vor der Anklageverlesung, dass das Landgericht Halle für den Fall überhaupt zuständig sei. Die Verteidiger forderten zudem Tonaufnahmen des gesamten Strafprozesses, um „ein möglichst transparentes und faires Verfahren“ zu gewährleisten – und mögliche „politische Geheimjustiz“ auszuschließen. Tonaufnahmen in Strafprozessen sind in Deutschland in aller Regel nicht vorgesehen. Das Gericht um Jan Stengel lehnte die Anträge ab.

Hören Sie die aktuelle Folge des neuen MZ-Podcast zum Prozessstart: Hinter den Headlines

Die Staatsanwaltschaft Halle machte es dagegen kurz: Etwa eine Minute benötigte Staatsanwalt Benedikt Bernzen für die Verlesung der Anklage. Er ist überzeugt: Geschichtslehrer Höcke wusste, dass er bei seiner 22-minütigen Wahlkampfrede eine verbotene Nazi-Losung benutzt habe. Höcke hatte die Rede in Merseburg damals mit einem Dreiklang beendet: „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland!“ Der Slogan „Alles für Deutschland“ war in der NS-Zeit der Wahlspruch der paramilitärischen Sturmabteilung (SA).

AfD-Politiker will nichts von Strafbarkeit gewusst haben

Aus welchem konkreten Grund die Staatsanwaltschaft überzeugt ist, dass Höcke die Strafbarkeit seiner Worte bekannt gewesen sein muss, erklärte sie am zu Prozessbeginn nicht detaillierter. Der AfD-Politiker äußerte sich am Donnerstag noch nicht zu den Vorwürfen. Er oder seine Anwälte können am Dienstag Stellung zur Anklage nehmen. Bis zuletzt hatte Höcke dargelegt, er habe nicht gewusst, dass die nun angeklagte „Allerweltsfloskel“ verboten sei.

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Allerdings: Laut Staatsanwalt Bernzen könne es möglicherweise als „strafverschärfend“ gewertet werden, dass Höcke den Slogan 2023 erneut nutzte – in Gera ließ er sein Redepublikum den Slogan lautstark vervollständigen. Ursprünglich sollte auch dieser Fall ab Donnerstag mitverhandelt werden, doch dazu kommt es nicht: Aufgrund eines kurzfristigen Verteidigerwechsels im Höcke-Team habe den Anwälten die Zeit gefehlt, sich rechtzeitig in diesen Fall einzulesen, teilte Gerichtssprecherin Kessler-Jensch mit.

Höcke könnte erstmals am Dienstag vor Gericht reden

Staatsanwalt Bernzen fordert weiter, beide Falle zusammen zu verhandeln. Ohnehin wollen die Strafverfolger ein Video als Beweisstück vorlegen, in dem Höcke die verbotene Losung durch das Publikum in Gera vervollständigen lässt.

Es ist das erste Mal, dass der AfD-Politiker vor Gericht steht. Bei einer Verurteilung kann eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe drohen.