Unterrichtsausfall droht Unterrichtsausfall droht: Mangelware Lehrer im Land

Magdeburg - Für das anstehende Schuljahr in Sachsen-Anhalt ist ein flächendeckender Unterrichtsausfall aufgrund von Lehrermangel und höheren Schülerzahlen abzusehen. Das geht aus Zahlen des Landesschulamtes hervor, die Bildungsminister Marco Tullner (CDU) gestern in Magdeburg vorstellte. So ist bereits heute klar, dass im Bereich der Förder-, Gesamt und Gemeinschaftsschulen die Unterrichtsversorgung bei weniger als 100 Prozent liegt. Das heißt, dass die zur Verfügung stehenden Lehrer bei regulärer Arbeitsbelastung nicht alle Stunden abdecken können. Gleiches gilt für die berufsbildenden Schulen. Thomas Lippmann, Abgeordneter der Linken und langjähriger Vorsitzender Bildungsgewerkschaft GEW, sieht die Bildungslandschaft im Land in „schweren Fahrwasser“.
Zu wenig nach den langfristigen Maßstäben der Koalition
Den Schulformen, die es am härtesten trifft, gehören in Sachsen-Anhalt rund 150 Einrichtungen an. Der Großteil der Schulen im Land, liegt dagegen hauchdünn über dem Wert von 100 Prozent Unterrichtsversorgung, den die GEW im Frühjahr als „Minimalziel“ bezeichnet hatte. So liegen die Gymnasien bei 101,2 Prozent, die Grundschulen (100,9) und Sekundarschulen (100,3) knapp darüber.
Das ist zu wenig nach den langfristigen Maßstäben der Koalition, die sich eine Unterrichtsversorgung von 103 Prozent in den Koalitionsvertrag geschrieben hat. So sollen etwa Krankheitsfälle abgefedert werden. Weil der Altersschnitt der Lehrer bei 50,6 Jahren liegt, befürchten Gewerkschafter in den nächsten Jahren weitere Personalprobleme. Gleichzeitig stiegen die Schülerzahlen um rund 4 000 auf knapp 242 000.
Tullner sagte, Lehrer seien eine „Mangelware“. Die Koalition hat sich zur Einstellung weiterer Pädagogen verpflichtet, Tullner sprach von bisher 575 neuen Lehrkräften im laufenden Jahr. Die Landesregierung aus CDU, SPD und Grünen hatte noch im Juni 270 weitere Ausschreibungen veranlasst. Davon blieben laut Ministerium bislang jedoch rund 60 Stellen unbesetzt.
Bislang keine Onlinebewerbung möglich
„Die entscheidende Frage ist, wie wir in Zukunft an Bewerberinnen und Bewerber rankommen“, sagte Tullner. Jahrelang habe das Land einen Lehrerüberhang gehabt, nun seien es auch die starren Regeln in der Personalpolitik, die zügige Einstellungen bremsen. So sei in Sachsen-Anhalt - anders als in anderen Ländern - bislang keine Onlinebewerbung möglich. „Da werden unnötig Ressourcen gebunden.“ Zudem müssten laut Tullner neue Wege beschritten werden, um die Attraktivität Sachsen-Anhalts für junge Lehrer zu erhöhen. Wie viele Stellen im kommenden Jahr ausgeschrieben werden, wird sich in den im August anstehenden Haushaltsverhandlungen der Landesregierung entscheiden.
Die hohe Schülerzahl hat unter anderem eine Ursache im Flüchtlingszuzug: Im Mai 2016 registrierte das Landesschulamt 6 564 geförderte Schüler mit Migrationshintergrund - im September 2015 waren es noch knapp 3 500. Auch deswegen drehte das Ministerium an der Personalschraube und stellte 250 neue Sprachlehrer ein. „Damit ist der Bedarf gedeckt, der uns bislang gemeldet wurde“, sagte Edwina Koch-Kupfer, Staatssekretärin im Bildungsministerium. In Sprachförderklassen sollen Migrantenkinder gemeinsam an die deutsche Sprache herangeführt werden. (mz)